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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot: Leistungen Dritter bleiben bei Berechnung der Karenzentschädigung außen vor

26.08.2022

Im Streit um die Höhe einer wegen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots vereinbarten Karenzentschädigung hat ein ehemaliger Arbeitnehmer den Kürzeren gezogen. Er habe keinen Anspruch auf die Einbeziehung von Leistungen der Obergesellschaft (hier: Restricted Stock Units = RSUs) in die Berechnung der Karenzentschädigung, so das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Der Kläger war von Januar 2012 bis Januar 2020 bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Sein monatliches Grundgehalt belief sich zuletzt auf 10.666,67 Euro brutto. Die Beklagte ist Mitglied einer Unternehmensgruppe, deren Obergesellschaft ein US-amerikanisches Unternehmen ist. Der im Dezember 2011 geschlossene Arbeitsvertrag des Klägers enthält die Vereinbarung eines neunmonatigen konzernweiten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots.

Im Gegenzug verpflichtete sich die Arbeitgeberin, an den Kläger "nach Ende der Anstellung eine Entschädigung zu zahlen, welche für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der vom Angestellten zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht". Ergänzend wurde die Geltung der §§ 74 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) vereinbart.

Während seines Arbeitsverhältnisses partizipierte der Kläger am "RSU-Programm" der Obergesellschaft und erhielt auf der Grundlage der von ihm mit dieser jeweils separat getroffenen "Global Restricted Stock Unit Award Agreements" jährlich eine bestimmte Anzahl von RSUs, also beschränkte Aktienerwerbsrechte.

Mit seiner Klage hat der Kläger, der sich nach seinem Ausscheiden an das Wettbewerbsverbot gehalten hat, die Beklagte zuletzt noch auf Zahlung von Karenzentschädigung von insgesamt 80.053,65 Euro brutto nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er meint, ihm stehe für die Karenzzeit – über den von der Beklagten bereits gezahlten und den ihm erstinstanzlich rechtskräftig zuerkannten weiteren Betrag hinaus – eine weitere Karenzentschädigung in Höhe von 8.894,85 Euro brutto monatlich zu. Bei der Berechnung der Karenzentschädigung seien auch die ihm gewährten RSUs zu berücksichtigen. Darauf, wer Schuldner dieser Leistungen sei, könne es in Anbetracht der Möglichkeit der Einflussnahme der Obergesellschaft auf die Vertragsbedingungen im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht ankommen.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Karenzentschädigung, so das BAG. Ein solcher Anspruch hätte sich nur unter Berücksichtigung der dem Kläger seitens der Obergesellschaft gewährten RSUs ergeben können. Bei diesen handele es sich jedoch nicht um "vertragsmäßige Leistungen" im Sinne der unter § 15 des Arbeitsvertrags über die Höhe der Karenzentschädigung getroffenen Vereinbarung. Diese Vereinbarung greife den Wortlaut von § 74 Absatz 2 HGB auf. Sie sei mithin dahin zu verstehen, dass die Beklagte dem Kläger eine Karenzentschädigung in Höhe der gesetzlichen Mindestentschädigung zugesagt hat.

Für die Auslegung des Begriffs der "vertragsmäßigen Leistungen" in § 15 des Arbeitsvertrags gelte demnach nichts anderes als für die Auslegung des entsprechenden Rechtsbegriffs in § 74 Absatz 2 HGB. Der Begriff der "vertragsmäßigen Leistungen" im Sinne des § 74 Absatz 2 HGB, auf deren Grundlage sich bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots die gesetzliche (Mindest-)Karenzentschädigung berechnet, umfasse nur solche Leistungen, die auf dem Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruhen und die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer als Vergütung für geleistete Arbeit schuldet.

Da der Kläger die jeweiligen "Global Restricted Stock Unit Award Agreements", also die Vereinbarungen über die Gewährung der RSUs, nicht mit der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerinnen, sondern mit der Obergesellschaft getroffen hat, setze die Berücksichtigung der RSUs bei der Berechnung der Karenzentschädigung zumindest voraus, dass die Beklagte im Hinblick auf die Gewährung dieser RSUs – ausdrücklich oder konkludent – eine (Mit-)Verpflichtung übernommen hatte.

Die Beklagte sei jedoch weder ausdrücklich noch konkludent eine solche (Mit-)Verpflichtung eingegangen. Insbesondere sei eine andere Bewertung nicht deshalb geboten, weil die Parteien in § 15 des Arbeitsvertrags ein "konzernweites" Wettbewerbsverbot vereinbart hatten, betont das BAG. Selbst wenn die Wettbewerbsabrede hinsichtlich ihres vereinbarten Konzernbezugs nicht dem Schutz berechtigter geschäftlicher Interessen der Beklagten gedient haben sollte, hätte dies nach § 74a Absatz 1 HGB "nur" eine Rückführung der dem Kläger auferlegten Beschränkungen auf die zulässige Reichweite des Verbots bewirkt, nicht aber dazu geführt, dass der Kläger, soweit er sich auch des Wettbewerbs insbesondere im Geschäftsbereich der Obergesellschaft enthalten hat, eine Karenzentschädigung unter Berücksichtigung der RSUs verlangen könnte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.08.2022, 8 AZR 453/21

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