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Nachbar zerstört Bäume: Haftung kann teuer werden

08.03.2024

Bei der Zerstörung eines älteren Baumes ist in der Regel keine Naturalrestitution zu leisten, weil die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands einfach zu teuer und damit unverhältnismäßig wäre. Ganz ausgeschlossen ist dies aber nicht: Laut Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main ist der Einzelfall entscheidend.

Eine Frau besitzt ein großes Gartengrundstück mit altem Baumbestand. Am hinteren Ende des Gartens stehen eine alte Birke und eine alte Kirsche. Die Frau hatte ihrem Nachbarn erlaubt, auf sein Grundstück von diesen Bäumen hinüberwachsendes Geäst zu schneiden. Der Nachbar ging stattdessen auf das Grundstück der Frau und schnitt beide Bäume so weit zurück, dass zwischen den Parteien streitig ist, ob sie sich davon jemals wieder erholen können.

Die Frau verlangt Schadensersatz. Das Landgericht (LG) sprach ihr von den begehrten knapp 35.000 Euro gut 4.000 Euro zu: Der Nachbar müsse die Wertminderung der Bäume sowie die Kosten für die Entsorgung des Schnittguts ersetzen. Das war der Gartenbesitzerin zu wenig. Sie legte Berufung. Diese führte zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG. Der Sachverhalt sei zur Bemessung des Schadensersatzes weiter aufzuklären, begründete das OLG die Entscheidung.

Nach gefestigter Rechtsprechung sei bei der Zerstörung eines Baumes in der Regel nicht Schadensersatz in Form von Naturalrestitution zu leisten, da die Ersatzbeschaffung in Form der Verpflanzung eines ausgewachsenen Baumes regelmäßig mit besonders hohen und damit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sei. Der Schadensersatz richte sich vielmehr üblicherweise auf eine Teilwiederherstellung durch Anpflanzung eines neuen jungen Baumes sowie einen Ausgleichsanspruch für die verbleibende Werteinbuße des Grundstücks.

Diese Werteinbuße sei zu schätzen. Nach einer insoweit möglichen Bewertungsmethode könnten dafür die für die Herstellung des geschädigten Gehölzes bis zu seiner Funktionserfüllung erforderlichen Anschaffungs-, Pflanzungs- und Pflegekosten sowie das Anwachsrisiko berechnet und anschließend kapitalisiert werden. Dieser Wert sei um eine Alterswertminderung, Vorschäden und sonstige wertbeeinflussende Umstände zu bereinigen.

Ausnahmsweise seien die vollen Wiederbeschaffungskosten zuzuerkennen, "wenn Art, Standort und Funktion des Baumes für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch einen gleichartigen Baum wenigstens nahelegen würden", erläutert das OLG weiter. Aufzuklären sei deshalb bei der Bewertung des Schadensersatzes die Funktion der Bäume für das konkrete Grundstück. Zu berücksichtigen sei dabei auch der Vortrag der Gartenbesitzerin, wonach es ihr bei der sehr aufwändigen, gleichzeitig naturnahen Gartengestaltung auch darauf angekommen sei, Lebensraum für Vögel und sonstige Tiere zu schaffen und einen Beitrag zur Umwandlung von Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff zu leisten.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 06.02.2024, 9 U 35/23, nicht rechtskräftig

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