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Nach Anteilsschenkung: Dividendenbesteuerung gemäß § 50i EStG

03.01.2023

Das Besteuerungsrecht gemäß § 50i Einkommensteuergesetz (EStG) greift nicht nur in so genannten Wegzugsfällen, sondern auch im Fall der Schenkung eines zum Sonderbetriebsvermögen einer inländischen Kommanditgesellschaft gehörenden Anteils an einer Private Limited an einen im Ausland ansässigen Mitunternehmer. Dies stellt das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg klar.

Der Kläger hat in Deutschland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Er ist als Kommanditist mit einem Anteil von weniger als 15 Prozent an der A-GmbH & Co. KG (früher: A-KG) mit Sitz in Deutschland beteiligt. Die Kommanditgesellschaft (KG) ist ein Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Im Sonderbetriebsvermögen (SBV) der KG hält der Kläger einen Anteil von 50 Prozent an der B Private Limited, die ihren Sitz im Ausland hat. Seinen Anteil an der B Private Limited hatte er durch Schenkungs- und Abtretungsvertrag von D erworben. Vor der Schenkung an den Kläger war die 100-prozentige Beteiligung an der B Private Limited im SBV des D bei der A-GmbH & Co. KG erfasst. D hatte die Anteile seit 1998 sukzessive angeschafft.

Im Streitjahr 2015 schüttete die B Private Limited eine Dividende an den Kläger aus, die in der Feststellungserklärung der KG als ausländischer Kapitalertrag ausgewiesen wurde, ohne dass für den beschränkt einkommensteuerpflichtigen Kläger Einkünfte aus seinem SBV erklärt wurden. Das beklagte Finanzamt kam nach einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass der Anteil des Klägers an der B Private Limited nach § 50i EStG steuerverhaftet sei und somit die laufenden Erträge und spätere Veräußerungsgewinne im Inland zu versteuern habe.

Das FG wies die Klage ab. Das Finanzamt habe die Dividende nach §§ 1 Absatz 4, 49 Absatz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG beim beschränkt steuerpflichtigen Kläger zu Recht der Besteuerung unterworfen. Der Kläger habe aufgrund der Dividende von der B Private Limited, deren Anteile er im SBV der KG gehalten habe, inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt (§ 49 Absatz 1 Nr. 2 EStG).

Die KG habe in 2015 eine Betriebsstätte im Inland unterhalten. Ihre alleinige Geschäftsführerin sei die A Verwaltungsgesellschaft mbH mit Sitz in Deutschland gewesen. Deren Geschäftsführer seien ebenfalls in Deutschland ansässig gewesen. Es bestünden keine Zweifel, dass sie die Tagesgeschäfte der A-GmbH & Co. KG an ihrem statutarischen Sitz in Deutschland erledigt hätten, wo auch die Geschäfte des Betriebsunternehmens zu besorgen gewesen seien.

Die streitgegenständliche Dividende sei der A-GmbH & Co. KG zuzurechnen. Der Anteil an der B Private Limited gehöre dort unstreitig zum SBV und generiere damit Sonderbetriebseinnahmen. Diese seien bei der Ermittlung der Einkünfte der Mitunternehmerschaft neben den Gesamthandseinnahmen zu berücksichtigen, auch bei der Beteiligung von beschränkt Steuerpflichtigen. Sämtliche Einkünfte der A-GmbH & Co. KG seien außerdem nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung als gewerblich zu qualifizieren.

Das Besteuerungsrecht für die Dividende habe Deutschland. Zwar stehe es nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nicht Deutschland zu, weil sich abkommensrechtlich die im deutschen Steuerrecht nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung erfolgende Umqualifizierung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in gewerbliche Einkünfte nicht auswirke. Doch werde das DBA insoweit von § 50i Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit Satz 3 und mit Satz 1 EStG im Rahmen eines so genannten treaty override überlagert.

Die streitgegenständliche Dividende unterliege nach § 50i EStG der inländischen Besteuerung, weil dessen sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt seien. Bei dem Anteil an der B Private Limited handele es sich um ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 50i Absatz 1 Satz 4 EStG, wozu auch Anteile an Kapitalgesellschaften gehörten. Der Anteil an der B Private Limited sei jedenfalls im Jahresabschluss 2008 erfasst worden und damit vor dem 29.06.2013 Betriebsvermögen der KG geworden, das auch das SBV umfasse. Im Kontext des § 50i EStG gelte nichts anderes.

Die Anwendung von § 50i Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 EStG scheitere nicht daran, dass möglicherweise der Anteil an der B Private Limited dem Betriebsvermögen der KG im Wege einer Einlage zugeführt worden beziehungsweise aufgrund der Betriebsaufspaltung ab der Gründung der B Private Limited dort zu bilanzieren sei und es deshalb an einer Übertragung oder Überführung im Sinne des § 50i Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 4 EStG fehle. Das FG ist der Auffassung, dass auch dann, wenn D seinen hundertprozentigen Anteil an der B Private Limited in sein SBV bei der KG eingelegt habe oder der Anteil bereits bei Gründung der B Private Limited als notwendiges SBV II bei der KG zu bilanzieren gewesen sei, der Tatbestand des § 50i Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 EStG erfüllt wäre.

Zum einen setze der Begriff der Überführung im Sinn des § 50i Absatz 1 Satz 1 EStG nicht zwingend voraus, dass das überführte Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen stammen müsse. Zum anderen verlange der Wortlaut von § 50i Absatz 1 Satz 4 EStG keine Übertragung oder Überführung. Die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals könnte allenfalls aufgrund der Verweisung auf § 50i Absatz 1 Satz 1 EStG erforderlich sein, wenn insofern eine Rechtsgrundverweisung vorläge. Dagegen spreche jedoch ein Vergleich der Wortlaute von Satz 4 und Satz 1, die Besonderheiten der Betriebsvermögensbildung bei der Betriebsaufspaltung und der Gesetzeszweck.

Auch der Tatbestand des § 50i Absatz 1 Satz 4 letzter Halbsatz EStG sei erfüllt. Danach sei es erforderlich, dass die Wirtschaftsgüter – hier also der Anteil an der B Private Limited – "Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft geworden sind, die deswegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, weil der Stpfl. sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betriebe allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann und dem nutzenden Betrieb eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt". Das FG verstehe diesen Teil des Gesetzestextes als einheitliches Tatbestandsmerkmal im Sinne einer Legaldefinition des Besitzunternehmens bei einer Betriebsaufspaltung.

Schließlich lägen die Voraussetzungen des § 50i Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und § 50i Absatz 1 Satz 3 EStG vor. Der Kläger sei nach dem DBA im anderen Vertragsstaat ansässig und erziele laufenden Einkünfte, zu denen insbesondere Dividenden gehörten.

Entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten sei eine einschränkende Auslegung weder deshalb geboten, weil die Konstellation der Schenkung nach dem Willen des Gesetzgebers nicht vom Gesetz erfasst würde, noch weil der Gesetzgeber grundsätzlich nur Missbrauchsfälle oder Gestaltungen im Zusammenhang mit einem Wegzug habe erfassen wollen, noch weil das Gesetz nur dann anwendbar wäre, wenn der Steuerpflichtige identisch mit der Person sei, welche die Übertragung oder Überführung oder den Ausschluss des Besteuerungsrechts herbeigeführt habe.

Das Gesetz sei nicht nur auf Wegzugsfälle (§ 6 Außensteuergesetz), Einbringungsfälle (§ 20 Umwandlungssteuergesetz) und Überführungsfälle (§ 4 Absatz 1 Satz 3 und 4 EStG) zugeschnitten. Auch wenn die Fälle der unentgeltlichen Übertragung in der Gesetzesbegründung nicht ausdrücklich genannt seien, fielen sie doch unter den Gesetzeszweck und stellten sogar einen der Hauptanwendungsfälle dar. Im Übrigen spreche für eine Anwendbarkeit des § 50i EStG in Schenkungsfällen, dass auch das AStG im Zusammenhang mit Anteilen im Sinne des § 17 EStG die Schenkung der Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts gleichstelle, § 6 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 AStG. Dies belege, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine Gleichbehandlung von Wegzugsfällen und Fällen der Schenkung an Auslandsansässige geboten sei.

Mit dem Argument, dass die Norm (nur) Missbrauchsfälle oder Fälle einer Gestaltung im Zusammenhang mit einem Wegzug erfassen wolle, lasse sich ihre Anwendbarkeit ebenso wenig verneinen. Gerade die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 50i EStG auf die Fälle der Betriebsaufspaltung belege, dass der Gesetzgeber Konstellationen berücksichtigen wolle, in denen es nicht um eine Gestaltung im Hinblick auf Auslandssachverhalte gehe.

Das FG teile schließlich nicht die Rechtsauffassung der Prozessbevollmächtigten, eine Besteuerung scheide deshalb aus, weil sie richtigerweise bei D hätte erfolgen müssen und bis März 2014 auch hätte erfolgen können. Der Wortlaut des § 50i EStG verlange nicht, dass die Übertragung oder Überführung gerade durch den Steuerpflichtigen erfolge. Denn § 50i Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG verwende den Begriff "ein Steuerpflichtiger", nicht etwa "der Übertragende". Nach dem Zweck der Norm, Steuerausfälle aufgrund der Fehlinterpretationen des Begriffs der gewerblichen Einkünfte im Sinne des Abkommensrechts zu vermeiden, wäre es nicht sachgerecht, eine Identität von Übertragendem und Steuerpflichtigem zu verlangen. Es mache keinen Unterschied, ob ein Steuerpflichtiger Wirtschaftsgüter in eine Gesellschaft überführe und dann wegziehe oder diese Wirtschaftsgüter an eine andere im Ausland ansässige Person unentgeltlich übertrage, meint das FG.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision läuft beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen I R 13/22.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29.09.2021, 14 K 880/20, nicht rechtskräftig

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