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Mobilfunkbetreiber: Muss auch Unternehmer auf erhöhte Auslandsgebühren hinweisen

28.03.2022

Ein Mobilfunkbetreiber ist auch gegenüber Unternehmern dazu verpflichtet, auf erhöhte Auslandsgebühren hinzuweisen. Lediglich der Schwellenwert, ab dem eine Informationspflicht besteht, muss bei unternehmerischen Vertragspartnern höher angesetzt werden, um einer gewissen Erfahrung im Geschäftsverkehr und damit üblicherweise geringeren Schutzbedürftigkeit Rechnung zu tragen. Dies hält das Amtsgericht (AG) München fest.

Der Beklagte hatte bei einem großen Mobilfunkbetreiber einen Flatrate-Handy-Vertrag abgeschlossen. Die Kosten lagen bei monatlich 50,17 Euro. Das Mobiltelefon wurde dem Vorstand zur Nutzung überlassen. Dieser begab sich mit dem Mobiltelefon auf eine Fernreise nach Kanada. Das Handy wählte sich dort in das ausländische Netz ein und verursachte so im Zeitraum eines Monats Roaming-Kosten in Höhe von insgesamt 2.464,39 Euro.

Hiervon zahlte der Beklagte nur einen Teil, einen weiteren Teil in Höhe von 400 Euro erließ der Mobilfunkbetreiber im Rahmen einer Kulanzgutschrift. Das Inkassounternehmen, das sich die Forderung des Mobilfunkbetreibers abtreten ließ, klagte sodann auf Zahlung von 1.961,11 Euro.

Der Beklagte trug vor, der Mobilfunkbetreiber hätte ihn auf die stark ansteigenden Kosten hinweisen müssen. Da dies nicht geschehen sei, habe er seinerseits Schadenersatzansprüche gegen den Mobilfunkbetreiber, die er der Forderung entgegenhalte. Die Klägerin meinte, es habe keine Informationspflicht seitens des Mobilfunkbetreibers bestanden. Entsprechende Informationspflichten gäbe es nur gegenüber Verbrauchern und nicht in Bezug auf Unternehmer, wie den Beklagten.

Der zuständige Richter gab dem Beklagten in weiten Teilen Recht. Der Beklagte muss danach lediglich einen Teil der verursachten Kosten tragen. Die Zedentin habe im Ausgangspunkt einen Anspruch auf Zahlung von 1.961,11 Euro als Entgelt für die Inanspruchnahme von Leistungen aus dem unstreitig geschlossenen Mobilfunkvertrag im streitgegenständlichen Zeitraum durch den Beklagten erworben. Dieses Entgelt habe aufgrund des Zugriffs auf den ausländischen Roaming-Dienst den monatlichen Basistarif in Höhe von 50,17 Euro überschritten.

Dem somit entstandenen Anspruch stehe aber die Einrede unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) in Höhe von 1.408,72 Euro entgegen, da der Beklagte einen Schadenersatzanspruch in dieser Höhe aus §§ 611, 280 Absatz 1, 3, 282 BGB wegen Verletzung einer Nebenpflicht im Sinne des § 241 Absatz 2 BGB gegen die Zedentin hat.

Konkret habe die Zedentin ihre Nebenpflicht verletzt, den Beklagten auf stark über dem vereinbarten Basistarif entstehende Kosten hinzuweisen. Diese Pflicht ergebe sich aus der überlegenen Sachkunde der Zedentin in Ansehung der entstehenden Kosten. Dem Beklagten sei bis zur Rechnungsstellung nicht erkennbar gewesen, erhöhte Kosten zu verursachen, und er habe daher auch keine weiteren Vorkehrungen treffen können, um diese zu verhindern. Im Gegensatz dazu habe die Zedentin jederzeit Einblick in die Höhe und Ursache der Kosten gehabt, weshalb ein eklatantes Informationsgefälle zwischen der Zedentin und dem Beklagten bestanden habe. Es sei der Zedentin auch problemlos möglich gewesen, entsprechende Hinweise zu geben, etwa durch automatisierte Benachrichtigungen via SMS oder E-Mail, betont das AG München.

Weiterhin sei ein Interesse des Beklagten an Geringhaltung der Kosten für die Zedentin nicht nur ersichtlich, sondern auch mittelbar Vertragsgegenstand geworden, da der geschlossene Mobilfunkvertrag einen Flatrate-Tarif hatte. Ein solcher werde üblicherweise vereinbart, um eine gleichbleibende, berechenbare Kostengrundlage zu gewährleisten. Demnach bestehe bei Flatrate-Tarifen eine noch erhöhte Veranlassung der die überlegende Sachkunde innehabenden Vertragspartei, die andere Partei über stark ansteigende Kosten zu informieren.

Eine solche Informationspflicht sei – wenn auch im vorliegenden Fall mangels Verbrauchereigenschaft des Beklagten nicht anwendbar – in Artikel 15 Absatz 3 EU-Roaming-Verordnung festgelegt. Dieser Rechtsgedanke sei verallgemeinerbar auch auf Parteien anwendbar, die keine Verbraucher sind, da lediglich die fehlende Verbrauchereigenschaft der anderen Vertragspartei nicht das Ausnutzen überlegener Sachkunde rechtfertige, unterstreicht das AG. Lediglich der Schwellenwert, ab dem eine Informationspflicht besteht, müsse bei unternehmerischen Vertragspartnern höher angesetzt werden, um insofern einer gewissen Erfahrung im Geschäftsverkehr und damit üblicherweise geringeren Schutzbedürftigkeit Rechnung zu tragen. Als Schwellenwert erscheine hier unter Berücksichtigung der geringeren Schutzbedürftigkeit von Unternehmern gegenüber Verbrauchern ein Betrag in zehnfacher Höhe des Basistarifs geeignet, der im vorliegenden Fall 501,70 Euro betrage.

Amtsgericht München, Urteil vom 14.05.2022, 113 C 23543/20, rechtskräftig

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