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Mietvertrag über Autobatterie: Klausel zu Fernabschaltung durch Vermieter unwirksam

27.10.2022

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Mietvertrags über eine Autobatterie für unwirksam erklärt, die dem Vermieter eine Fernabschaltung der Batterie ermöglicht. Denn die Klausel benachteilige die Mieter unzulässig. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass mit der Sperrung der Autobatterie auch die Nutzung des E-Fahrzeugs – und damit eines wesentlich höherwertigen Vermögensbestandteils des Mieters – nicht mehr möglich sei.

Der Kläger hat als Verbraucherschutzverein gegen die Beklagte, eine französische Bank, die Unterlassung der Verwendung von AGB-Klauseln bei Vermietung von Batterien für Elektrofahrzeuge geltend gemacht. Die Beklagte vermietet Batterien für von ihren Kunden gekaufte oder geleaste Elektrofahrzeuge. Hierfür verwendet sie "Allgemeine Batterie-Mietbedingungen", die ihr als Vermieterin im Fall der außerordentlichen Vertragsbeendigung durch Kündigung nach entsprechender Ankündigung die Sperre der Auflademöglichkeit der Batterie erlauben. Der Kläger macht geltend, die AGB-Klausel sei unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung der Mieter enthalte.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung einer Verwendung der Klausel gegenüber Verbrauchern verurteilt. Das Oberlandesgericht (OLG) hat die von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Das Sperren der Auflademöglichkeit stelle eine verbotene Eigenmacht gemäß § 858 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar; ein Eingriff in die unmittelbare Sachherrschaft des Besitzers dürfe aber nur aufgrund eines staatlichen Vollstreckungstitels erfolgen.

Der BGH hat die Entscheidung des OLG im Ergebnis bestätigt. Allerdings habe dessen Annahme, die Sperrung der Auflademöglichkeit löse Ansprüche der Mieter aus Besitzschutz aus, keiner abschließenden Beurteilung bedurft. Zwar stelle ein Fernzugriff auf die vermietete Batterie eine Besitzstörung im Sinne des § 858 BGB dar. Ein Besitzschutz gegen die bloße Besitzstörung wäre aber ausgeschlossen, wenn der Vermieter aufgrund seiner Zugriffsmöglichkeit auf die Batterie deren Mitbesitzer geblieben wäre. Unter Mitbesitzern bestehe nach § 866 BGB ein Besitzschutz nur gegen eine – hier nicht vorliegende – vollständige Entziehung des Besitzes. Die in der Literatur umstrittene Frage, ob in solchen Fällen ein Mitbesitz vorliegt, habe hier keiner Entscheidung bedurft.

Denn die streitgegenständliche Klausel stelle jedenfalls eine einseitige Vertragsgestaltung dar, mit der die Beklagte missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten der Mieter durchzusetzen versucht, ohne deren Interessen angemessen zu berücksichtigen, so der BGH. Durch die allein in der Macht des Vermieters liegende Sperrmöglichkeit werde die Last, sich die weitere Nutzung zu sichern, auf den Mieter abgewälzt. Darin liege jedenfalls dann eine unangemessene Benachteiligung des Mieters als Verbraucher, wenn dieser die Weiterbenutzung seines – gesondert erworbenen, geleasten oder gemieteten – E-Fahrzeugs im Streitfall nur durch gerichtliche Geltendmachung einer weiteren Gebrauchsüberlassung der Batterie erreichen kann.

Zwar liege es grundsätzlich im berechtigten Interesse des Vermieters, nach wirksamer Beendigung des Mietvertrags die weitere Nutzung des Mietobjekts unterbinden zu können. Auf der anderen Seite stehe aber das Interesse des Mieters, sich die weitere Vertragserfüllung zu sichern. Dieses sei jedenfalls dann als berechtigt anzuerkennen, wenn die Wirksamkeit der Kündigung zwischen den Vertragsparteien streitig ist. Beruft sich etwa der Mieter auf eine Mietminderung oder ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln, so laufe er Gefahr, dass der Vermieter ungeachtet dessen die Kündigung erklärt und das Mietobjekt per Fernzugriff sperrt. Das gewinne insbesondere dann an Bedeutung, wenn das Mietobjekt und dessen fortgesetzte Nutzung für den Mieter von erheblichem Interesse sind.

Dementsprechend sei die gesetzliche Risikoverteilung beim Mietverhältnis dadurch geprägt, dass der Vermieter aufgrund der Überlassung des Mietobjekts grundsätzlich das Risiko der nach Mietvertragsbeendigung fortgesetzten (Ab-)Nutzung trägt, betont der BGH. Dagegen könne er sich durch Vereinbarung einer Mietkaution absichern. Außerdem stehe ihm ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB zu. Die streitgegenständliche Klausel erlaube dagegen einen Zugriff auf die Batterie und mittelbar auch auf das E-Fahrzeug, das für den Mieter infolge der Batteriesperrung nutzlos wird. Dadurch, dass die Batterie herstellergebunden und mit dem E-Fahrzeug verknüpft ist, habe der Mieter keine zumutbare Möglichkeit, die gesperrte Batterie durch ein anderes Fabrikat zu ersetzen, um das E-Fahrzeug weiter betreiben zu können. Mit dem E-Fahrzeug werde somit neben der Batterie ein wesentlich höherwertiger Vermögensbestandteil für ihn unbrauchbar beziehungsweise ein Nutzungsrecht daran entwertet. Hinzu kommt laut BGH, dass das längerfristig angeschaffte beziehungsweise gesondert gemietete oder geleaste E-Fahrzeug vom Mieter nicht selten beruflich genutzt wird und regelmäßig auch für die private Lebensgestaltung von wesentlicher Bedeutung ist.

Wenn unter diesen Umständen bei einem Streit über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung abweichend von der gesetzlichen Risikoverteilung die Klagelast durch AGB auf den Mieter abgewälzt werden soll, verstoße die entsprechende Klausel gegen § 307 Absatz 1, 2 BGB. Denn der mit der Sperrung einhergehende Ausschluss von der Nutzung der Batterie und folglich auch des E-Fahrzeugs gehe mit seinen Wirkungen über die Batterie als Mietobjekt wesentlich hinaus. Eine solche Gestaltung lasse sich auch nicht durch das Interesse der Beklagten an der Sicherung gegen den mit der Abnutzung der Batterie nach Vertragsbeendigung verbundenen Vermögensschaden rechtfertigen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.10.2022, XII ZR 89/21

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