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Mieter unrenoviert überlassener Wohnungen: Können gegen Kostenbeteiligung "frische" Renovierung verlangen
Ein Mieter, dem eine unrenovierte Wohnung als vertragsgemäß überlassen wurde und auf den die Schönheitsreparaturen nicht wirksam abgewälzt wurden, kann vom Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangen, wenn eine wesentliche Verschlechterung des Dekorationszustandes eingetreten ist. Allerdings hat er sich in diesem Fall nach Treu und Glauben an den hierfür anfallenden Kosten (regelmäßig zur Hälfte) zu beteiligen, weil die Ausführung der Schönheitsreparaturen zu einer Verbesserung des vertragsgemäßen (unrenovierten) Dekorationszustands der Wohnung bei Mietbeginn führt. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Verfahren entschieden.
Im VIII ZR 163/18 mieteten die Kläger im Jahr 2002 eine bei Überlassung unrenovierte Wohnung. Im März 2016 forderten sie die beklagte Vermieterin vergeblich auf, Tapezier- und Anstricharbeiten gemäß einem beigefügten Kostenvoranschlag ausführen zu lassen. Die auf Zahlung eines entsprechenden Vorschusses von rund 7.300 Euro gerichtete Klage hatte zunächst keinen Erfolg.
Im Verfahren VIII ZR 270/18 begehrt der Mieter die Verurteilung der Vermieterin zur Vornahme konkret bezeichneter Schönheitsreparaturen. Die Wohnung war ihm bei Mietbeginn 1992 unrenoviert überlassen worden. Im Dezember 2015 forderte er die Vermieterin vergeblich auf, die aus seiner Sicht zur Beseitigung des mangelhaften Renovierungszustands erforderlichen Malerarbeiten in der Wohnung auszuführen. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.
Der BGH hat in beiden Fällen das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zwar seien die Berufungskammern in beiden Fällen zutreffend davon ausgegangen, dass die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf die Mieter im Formularmietvertrag unwirksam ist, da diesen jeweils eine unrenovierte Wohnung überlassen und ihnen hierfür kein angemessener finanzieller Ausgleich gezahlt wurde. Für eine ergänzende Vertragsauslegung sei kein Raum. Ebenso wenig könne der unwirksamen Formularklausel der Inhalt beigemessen werden, der Vermieter müsse sich spiegelbildlich an der dort vorgesehenen (frischen) Renovierung festhalten lassen und deshalb treffe ihn – ohne Rücksicht auf den (vertragsgemäßen) unrenovierten Zustand bei Mietbeginn – eine uneingeschränkte Renovierungspflicht.
Ausgangspunkt der den Vermieter treffenden Erhaltungspflicht sei grundsätzlich der Zustand der Wohnung im Zeitpunkt ihrer Überlassung an die jeweiligen Mieter, vorliegend nach der Verkehrsanschauung mithin der unrenovierte Zustand, in dem sie die Wohnung besichtigt und angemietet haben, ohne dass Vereinbarungen über vom Vermieter noch auszuführende Arbeiten getroffen wurden.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts im Verfahren VIII ZR 163/18 führe das aber nicht dazu, dass Instandhaltungsansprüche der Mieter unabhängig vom weiteren Verschleiß der Dekoration von vornherein ausschieden. Vielmehr treffe den Vermieter eine Instandhaltungspflicht, wenn sich der anfängliche Dekorationszustand wesentlich verschlechtert hat – was nach langem Zeitablauf seit Mietbeginn naheliege.
Allerdings sei die Wiederherstellung des (vertragsgemäßen) Anfangszustandes in der Regel nicht praktikabel, zumindest aber wirtschaftlich nicht sinnvoll und liege auch nicht im Interesse vernünftiger Mietvertragsparteien, gibt der BGH zu bedenken. Vielmehr sei allein eine Durchführung von Schönheitsreparaturen sach- und interessengerecht, durch die der Vermieter die Wohnung in einen frisch renovierten Zustand versetzt. Da hierdurch auch die Gebrauchsspuren aus der Zeit vor dem gegenwärtigen Mietverhältnis beseitigt werden und der Mieter nach Durchführung der Schönheitsreparaturen eine Wohnung mit einem besserem als dem vertragsgemäßen Zustand bei Mietbeginn erhält, gebiete es der Grundsatz von Treu und Glauben, die jeweiligen Interessen der Vertragspartner in einen angemessenen Ausgleich zu bringen: Der Mieter können in derartigen Fällen zwar einerseits vom Vermieter eine "frische" Renovierung verlangen, habe sich aber andererseits in angemessenem Umfang an den dafür erforderlichen Kosten zu beteiligen. Soweit keine Besonderheiten vorliegen, geht der BGH regelmäßig von einer hälftigen Kostenbeteiligung aus.
Begehrt der Mieter (wie im Verfahren VIII ZR 270/18) die Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter, könne dieser die Kostenbeteiligung des Mieters nach Art eines Zurückbehaltungsrechts einwenden. Verlangt der Mieter vom mit der Durchführung der Arbeiten in Verzug geratenen Vermieter einen Kostenvorschuss (wie im Verfahren VIII ZR 163/18), führe die angemessene Kostenbeteiligung zu einem entsprechenden Abzug von den voraussichtlichen Kosten.
Bundesgerichtshof, Urteile vom 08.07.2020, VIII ZR 163/18 und VIII ZR 270/18