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Martin Kind: Abberufung als Geschäftsführer von Hannover 96 wirksam
Der Beschluss über die Abberufung von Martin Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH ist wirksam. Dies hat der unter anderem für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden.
Alleingesellschafter der Hannover 96 Management GmbH ist der Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V. Martin Kind ist im Handelsregister als Geschäftsführer der GmbH eingetragen. Diese ist persönlich haftende Gesellschafterin der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA, die die am Spielbetrieb der Zweiten Fußballbundesliga teilnehmende Fußballmannschaft Hannover 96 unterhält.
Kommanditaktionärin der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA ist die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG. Nach der Satzung der beklagten Hannover 96 Management GmbH ist ihr Aufsichtsrat für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zuständig. In einem so genannten Hannover-96-Vertrag zwischen dem Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V., der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA und der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG ist vorgesehen, dass der Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V. die Satzung der Hannover 96 Management GmbH nicht ohne vorherige Zustimmung der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG ändert, ergänzt oder ersetzt.
Im Juli 2022 fassten Vertreter des Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V. in einer Gesellschafterversammlung der Hannover 96 Management GmbH den Beschluss, Kind "mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund im Wege eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses als Geschäftsführer" der Hannover 96 Management GmbH abzuberufen.
Mit seiner Klage verlangt Kind die Feststellung, dass der Beschluss über seine Abberufung nichtig ist. Damit hatte er in erster und zweiter Instanz Erfolg. Der Beschluss sei entsprechend § 241 Nr. 3 Aktiengesetz (AktG) nichtig, weil er mit dem Wesen der GmbH nicht vereinbar sei, so das OLG Celle. Er sei nicht vom Aufsichtsrat der Hannover 96 Management GmbH und damit kompetenzwidrig gefasst worden. Das habe unter den besonderen Umständen des Streitfalls seine Nichtigkeit zur Folge. Die Kompetenzüberschreitung erschöpfe sich nicht in dem Verstoß gegen die Satzung der Hannover 96 Management GmbH. Vielmehr trete auch ein Verstoß gegen den Hannover-96-Vertrag hinzu. Überdies sei der Abberufungsbeschluss sittenwidrig und damit analog § 241 Nr. 4 AktG nichtig. Er erweise sich als in besonderem Maße treuwidrig, weil sich der Alleingesellschafter seiner im Hannover-96-Vertrag eingegangenen Bindung bewusst gewesen sei und er die satzungsmäßige Kompetenzverteilung bewusst unterlaufen habe.
Die dagegen gerichtete Revision der Hannover 96 Management GmbH hatte jetzt Erfolg. Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Beschluss über die Abberufung Kinds als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH sei nicht nichtig.
Der Abberufungsbeschluss sei nicht mit dem Wesen der GmbH unvereinbar und damit nicht entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig. Nur eine Verletzung der tragenden Strukturprinzipien des GmbH-Rechts könne eine Unvereinbarkeit des Beschlusses mit dem Wesen der GmbH begründen. Satzungsbestimmungen, die dem fakultativen Aufsichtsrat der Gesellschaft die Kompetenz zur Abberufung des Geschäftsführers zuweisen, gehören laut BGH nicht dazu. Auch die Beachtung des so genannten Hannover-96-Vertrags zähle nicht zu den tragenden Strukturprinzipien des GmbH-Rechts. Der Streit um die Folgen einer Verletzung dieses Vertrags sei zwischen den Vertragsparteien auszutragen.
Der Abberufungsbeschluss sei auch nicht entsprechend § 241 Nr. 4 AktG nichtig, fährt der BGH fort. Weder verstoße er durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten noch begründe er eine sittenwidrige Schädigung nicht anfechtungsberechtigter Personen. Der bloße Verstoß gegen eine Satzungsbestimmung mache einen Gesellschafterbeschluss anfechtbar, aber nicht sittenwidrig. Ebenso wenig ergebe sich aus einer Verletzung des Hannover-96-Vertrags oder einer Gesamtbetrachtung die Sittenwidrigkeit des Beschlusses.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stelle sich schließlich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Der Beschluss über die Abberufung als Geschäftsführer sei weder unter dem Gesichtspunkt einer so genannten zustandsbegründenden Satzungsdurchbrechung nichtig noch sei Kind, der nicht Gesellschafter der Hannover 96 Management GmbH ist, befugt, sich im Rahmen einer Anfechtungsklage auf die von ihm geltend gemachte Verletzung der Satzung der Beklagten zu stützen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.07.2024, II ZR 71/23