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Landwirtschaftliche Grundstücke: Kein Vertrauensschutz bei fehlerhafter Behandlung als Privatvermögen
Parzellenweise verpachtete landwirtschaftliche Grundstücke stellen ohne ausdrückliche Entnahmeerklärung weiterhin Betriebsvermögen dar. Auch bei fehlerhafter Behandlung durch die Finanzverwaltung in der Vergangenheit kommt eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht in Betracht. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.
Der Kläger war Eigentümer mehrerer Grundstücke, die er von seiner Ehefrau und die diese wiederum von ihrem Vater geerbt hatten. Der Schwiegervater bewirtschaftete die Grundstücke ursprünglich im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs selbst und verpachtete sie ab 1965 an verschiedene Pächter. Nach dem Tod ihres Vaters gab die Ehefrau des Klägers 1980 gegenüber dem Finanzamt die Verpachtung der Nutzflächen an. Auf weitere Nachfrage teilte der Landwirtschaftliche Kreisverband dem Finanzamt mit, dass mit der Verpachtung und Veräußerung des Inventars die wesentlichen Grundlagen des Betriebs abgegeben seien, sodass eine Aufgabe im Ganzen anzunehmen sei.
Das Finanzamt ging daraufhin von einer Betriebsaufgabe in verjährter Zeit aus und veranlasste diesbezüglich nichts weiter. Nach dem Tod seiner Frau 1982 erklärte der Kläger weiterhin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus den Grundstücken. In mehreren Betriebsprüfungen ab 1988 behandelte das Finanzamt die Grundstücke ebenfalls als Privatvermögen. In den Jahren 2012 und 2013 veräußerte der Kläger Teilflächen der Grundstücke und übertrug ein weiteres Grundstück unentgeltlich auf seine Tochter.
Das Finanzamt erfasste hieraus einen Veräußerungs- beziehungsweise Aufgabegewinn, weil die Grundstücke weiterhin zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört hätten. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass das Schreiben des Landwirtschaftlichen Kreisverbands eine Betriebsaufgabeerklärung darstelle. Unabhängig davon seien die Grundstücke aufgrund der Verpachtung zwangsweise entnommen worden.
Hilfsweise beantragte der Kläger eine abweichende Festsetzung der Steuer aus Billigkeitsgründen und berief sich auf den so genannten Verpachtungserlass (gleichlautende Ländererlasse vom 17.12.1965), wonach die parzellenweise Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen zu einer Betriebsaufgabe führe. Für Verpachtungen vor Ergehen der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH, Urteil vom 15.10.1987, IV R 66/86) sei nach der Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Münster vom 07.01.1991 Vertrauensschutz zu gewähren. Das Finanzamt lehnte die Billigkeitsmaßnahme ab, da die irrige Annahme seiner Mitarbeiter, es habe sich bei den Grundstücken um Privatvermögen gehandelt, keinen Vertrauensschutz begründen könne.
Das FG Münster hat die Klage sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag abgewiesen. Die betroffenen Grundstücke hätten zum Zeitpunkt der Veräußerung beziehungsweise unentgeltlichen Übertragung noch land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen dargestellt. Die parzellenweise Verpachtung durch seinen Schwiegervater habe nicht zur Betriebsaufgabe geführt, da weiterhin die Möglichkeit bestanden habe, den Betrieb – sei es auch durch einen Rechtsnachfolger – fortzuführen. Eine ausdrückliche und unmissverständliche Entnahmeerklärung habe der Kläger nicht nachgewiesen. Hierfür reiche es nicht aus, dass für frühere Zeiträume Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus den Grundstücken erklärt worden seien, denn dies könne auch Folge einer fehlerhaften steuerlichen Beurteilung gewesen sein.
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die mit dem Hilfsantrag verfolgte abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen. Ein solcher Anspruch folge nicht aus den Verwaltungsanweisungen zur parzellenweisen Verpachtung (gleichlautende Ländererlasse vom 17.12.1965 und Verfügung der OFD Münster vom 07.01.1991). Nach dem hierzu ergangenen BFH-Urteil vom 12.03.2020 (VI R 35/17) sei eine Besteuerung nur dann unbillig, wenn die Finanzverwaltung bei Beginn der parzellenweisen Verpachtung nachteilige Folgen aus der vermeintlichen Zwangsbetriebsaufgabe gezogen habe. Dies sei im Streitfall jedoch nicht geschehen, weil der Schwiegervater des Klägers keinen Aufgabegewinn versteuert habe.
Schließlich fehle es auch bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an einem anzuerkennenden Vertrauenstatbestand sowohl aufseiten des Klägers als auch aufseiten seiner Rechtsvorgänger. Diese hätten die parzellenweise Verpachtung gegenüber der Finanzverwaltung nicht offengelegt, obwohl sie hierzu nach den damaligen Verwaltungsanweisungen verpflichtet gewesen wären. Dass das Finanzamt erklärungsgemäß Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus den Grundstücken angesetzt habe, reiche für einen konkret-individuellen Vertrauenstatbestand nicht aus. Nach Ergehen des BFH Urteils vom 15.10.1987 (IV R 66/86) habe kein Vertrauen mehr dahingehend gebildet werden können, dass aus der parzellenweisen Verpachtung in Zukunft nicht die zutreffenden steuerlichen Konsequenzen gezogen werden würden. Daher komme es nicht darauf an, dass die Grundstücke im Rahmen späterer Betriebsprüfungen als Privatvermögen behandelt worden seien.
Das FG hat im Hinblick auf die noch klärungsbedürftige Frage, ob in vorliegenden Fallkonstellationen konkret-individueller Vertrauensschutz zu gewähren sein kann, die Revision zugelassen.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 06.11.2020, 4 K 1326/17 F, nicht rechtskräftig