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Kinderwunschbehandlung: Auch für Unverheiratete absetzbar
Auch eine gesunde und unverheiratete Frau kann die Kosten für eine Präimplantationsdiagnostik (PID) zur Feststellung von Veränderungen des Erbmaterials und eine anschließende künstliche Befruchtung von der Steuer absetzen, wenn ihr Partner an einer Erkrankung leidet. Auf ein entsprechendes Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) weist die Lohnsteuerhilfe Bayern hin.
Im verhandelten Fall habe der Partner der Steuerpflichtigen eine erblich bedingte Chromosomenmutation aufgewiesen. Dadurch sei die Wahrscheinlichkeit hoch gewesen, dass ein auf natürlichem Weg gezeugtes gemeinsames Kind entweder mit schwersten Behinderungen auf die Welt gekommen oder nach der Geburt erst gar nicht lebensfähig gewesen wäre. Das Paar habe sich bei einer Kinderwunschklinik humangenetisch und psychosozial beraten lassen.
Um das Risiko zu umgehen, habe sich das Paar zu einer künstlichen Befruchtung und einer Präimplantationsdiagnostik entschieden, die genetische Veränderungen an den Zellen des Embryos vor dem Einsetzen in die Gebärmutter identifiziert. Der Großteil der Behandlungen sei an der Frau im Rahmen der künstlichen Befruchtung vorgenommen worden. Da diese selbst gesund war, habe das Paar die Kosten von circa 23.000 Euro selbst tragen müssen. Mit ihrer Steuererklärung habe die Frau die Ausgaben als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. Doch das zuständige Finanzamt habe die Berücksichtigung abgelehnt: Schließlich sei das Paar nicht verheiratet gewesen.
Die Steuerpflichtige zog laut Lohnsteuerhilfe vor Gericht und bekam vor dem Finanzgericht (FG) Niedersachsen recht. Es habe die Voraussetzungen für den Abzug als außergewöhnliche Belastung als erfüllt angesehen, da die medizinischen Maßnahmen notwendig waren, eine durch Krankheit des Partners beeinträchtigte körperliche Funktion auszugleichen. Allerdings sei nur der Teil der Kosten, die die Steuerpflichtige selbst bezahlt hatte, anerkannt worden. Die vom Partner bezahlten Rechnungen habe das FG bei der Frau nicht berücksichtigt, da keine Ehe beziehungsweise Zusammenveranlagung gegeben war. Das örtliche Finanzamt sei gegen dieses Urteil in Revision gegangen. Somit habe der BFH entscheiden müssen.
Dieser habe die Entscheidung des FG bestätigt. Zudem habe er erklärt, so der BdSt, dass die Gesundheit der Klägerin und deren Ehestatus im Sinne des Einkommensteuergesetzes keine Rolle spielen. Im Urteil sei auf den untrennbaren biologischen Zusammenhang in Bezug auf einen Kinderwunsch hingewiesen worden. Zum einen hätte die Erbkrankheit des Partners auf die Frau Auswirkungen gehabt, zum anderen hätte eine medizinische Behandlung eines Partners allein nicht für den Zweck ausgereicht. Somit seien die Maßnahmen am gesunden Körper der Frau steuerlich gerechtfertigt gewesen. Weiterhin seien die pränatalen Behandlungen durch die Ärztekammer medizinisch indiziert gewesen und im Einklang mit deutschem Recht nach dem Embryonenschutzgesetz durchgeführt worden. Der Abzug als außergewöhnliche Belastung im Ausmaß des Urteils des FG habe der BFH zugelassen.
"Die von den Kassen nicht übernommenen Kosten für eine künstliche Befruchtung waren bisher auch schon steuerlich absetzbar. Allerdings beschränkte sich das auf Fälle, in denen ein Paar verheiratet oder die Frau unfruchtbar war", erklärt Tobias Gerauer, Vorstand der Lohnsteuerhilfe Bayern. Die Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch habe also bei der Frau liegen müssen. Neu an diesem richtungsweisenden Urteil sei, dass das Paar nicht verheiratet war und die Problematik beim Mann lag. Damit sei ein Präzedenzfall für Paare geschaffen worden, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, so der Steuerexperte der Lohnsteuerhilfe. Der Kostenabzug oberhalb der zumutbaren Belastungsgrenze sei somit einem größeren Teil an Steuerpflichtigen zugänglich gemacht worden.
Lohnsteuerhilfe Bayern, PM vom 10.09.2024