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Kindergeldanspruch: Nur ausgeschlossen, wenn konkurrierende Ansprüche auf Familienleistungen in anderem EU-Mitgliedstaat bestehen

27.10.2022

Die Koordinierungsregeln des Artikels 68 der Verordnung (VO) Nr. 883/2004 sind nur anwendbar und können somit den Kindergeldanspruch in Deutschland nur ausschließen, wenn tatsächlich konkurrierende Ansprüche auf Familienleistungen in einem anderen EU-Mitgliedstaat bestehen. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.

Streitig ist der Kindergeldanspruch des Klägers in der Zeit von August 2017 bis Januar 2018 für sein im Oktober 1999 geborenes Kind. Nach Aufhebung einer früheren Kindergeldfestsetzung im Juli 2017 stellte der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, einen Kindergeldantrag für das Kind ab August 2017. Diesen lehnte die beklagte Familienkasse ab.

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es folgte der Auffassung der Familienkasse, dass im Streitzeitraum allenfalls ein Anspruch auf polnische Familienleistungen in Betracht komme, auch wenn der Kläger nicht nur in Polen, sondern auch in Deutschland einen Wohnsitz gehabt habe. Denn der Kläger sei im Streitzeitraum in Deutschland nicht erwerbstätig gewesen, sondern habe Krankengeld bezogen. Das Kind habe mit seiner Mutter und dem Kläger in Polen gelebt. Gemäß Artikel 68 Absatz 1 Buchst. b iii VO Nr. 883/2004 sei bei Familienleistungen, die nur durch den Wohnort ausgelöst würden, der Wohnort des Kindes maßgebend. Nach Artikel 68 Absatz 2 Satz 3 VO Nr. 883/2004 müsse in derartigen Fällen für in einem anderen Mitgliedstaat wohnende Kinder auch kein Differenzkindergeld gewährt werden.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Revision und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Laut BFH ist die Revision begründet. Sie führe zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Die Vorentscheidung verletze Bundesrecht (§ 118 Absatz 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung). Das FG sei – wie die Familienkasse – unzutreffend davon ausgegangen, dass ein Familienleistungsanspruch, der in Deutschland ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird, nach Artikel 68 Absatz 2 Sätze 1 und 3 VO Nr. 883/2004 immer dann ausgeschlossen ist, wenn das Kind im anderen Mitgliedstaat wohnt. Es habe dabei übersehen, dass die genannten Vorschriften den Anspruch auf (Differenz-)Kindergeld nicht ausschließen, wenn nur in Deutschland, nicht aber in einem anderen EU-Mitgliedstaat ein Familienleistungsanspruch besteht.

Artikel 68 VO Nr. 883/2004 sei nur anwendbar, wenn für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind, betont der BFH. Ergibt die Prüfung der Kindergeldansprüche in Deutschland und der Ansprüche auf vergleichbare Familienleistungen in dem anderen EU-Mitgliedstaat (hier: Polen), dass zwar ein Anspruch in Deutschland, nicht aber in dem anderen Mitgliedstaat besteht, stünden Artikel 68 Absatz 2 Sätze 1 und 3 VO Nr. 883/2004 einem vollen Kindergeldanspruch in Deutschland nicht entgegen.

Mangels hinreichender Feststellungen des FG könne der BFH nicht entscheiden, ob das Urteil aus anderen Gründen richtig ist oder ob der Kläger für die streitgegenständlichen Monate oder einen Teil davon einen Kindergeldanspruch hat. Deswegen hat er die Sache an das FG zurückverwiesen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.07.2022, III R 14/20

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