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Kinderbetreuung: Steuerliche Berücksichtigung von Kindern beim Wechselmodell

01.06.2022

Trennen sich Eltern und lassen sich scheiden, so muss die Kinderbetreuung geregelt werden. Beim eher seltenen Wechselmodell wechseln sich die Elternteile des Kindes fortlaufend in einem gewissen Turnus, zum Beispiel wöchentlich, ab. Das Kind lebt dann eine Woche bei der Mutter und in der nächsten Woche beim Vater und so weiter. Wenn beide Elternteile das Kind organisatorisch und zeitlich betrachtet gleichermaßen betreuen, spricht man vom echten Wechselmodell. Da dieses 50:50-Modell in der Steuergesetzgebung kaum Berücksichtigung findet, erläutert die Lohnsteuerhilfe Bayern, worauf Eltern achten und was sie für eine geteilte steuerliche Berücksichtigung unter sich regeln müssen.

Einigen sich die Eltern auf das echte Wechselmodell, gebe es infolgedessen keinen allein betreuenden Elternteil. Dennoch könne nur einer der beiden Eltern die Steuerklasse II mit Berücksichtigung des Alleinerziehendenentlastungsbetrags in Höhe von 4.008 Euro jährlich beantragen. Eine Aufteilung zwischen den Eltern sei im Steuerrecht ebenso wenig vorgesehen, wie dass beide Elternteile die Steuerklasse II nutzen können. Der andere müsse nach der Scheidung erstmal mit der ungünstigeren Steuerklasse I vorliebnehmen.

Steuerklasse II bekomme nach dem Gesetz derjenige, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Im Wechselmodell gehöre das Kind üblicherweise beiden Haushalten an, da es sowohl bei der Mutter als auch beim Vater wohnt. Daher könnten die Eltern untereinander regeln, wer den Entlastungsbetrag erhält. Treffen sie diesbezüglich keine Entscheidung, erhalte derjenige Elternteil den Entlastungsbetrag, an den das Kindergeld ausbezahlt wird.

Da die Familienkasse das Kindergeld aus organisatorischen Gründen nicht an zwei Empfänger auszahlt, erhalte praktisch nur ein Elternteil das gesamte Kindergeld auf sein Konto überwiesen, so die Lohnsteuerhilfe. Es gehe grundsätzlich an denjenigen, bei dem das Kind wohnt. Lebt das Kind bei beiden Eltern abwechselnd, könnten die Eltern bestimmen, welcher Elternteil das Kindergeld erhält.

Das Familiengericht könne beim Wechselmodell einen Ausgleichsanspruch des anderen Elternteils festlegen. Dieser Elternteil sei dann verpflichtet, dem anderen Elternteil seinen Anteil zukommen zu lassen. Häufig werde dieser zwischen den Eltern mit anderen Kindeszahlungen, wie dem Barunterhalt des anderen Elternteils, verrechnet. Denn beim echten Wechselmodell stehe beiden Elternteilen aufgrund der gleichwertigen Betreuungsleistung das Kindergeld zu.

Der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung würden nicht ausbezahlt, sondern minderten als Rechengröße im günstigen Fall das zu versteuernde Einkommen. Die beiden Freibeträge umfassten im Jahr 2022 insgesamt 8.388 Euro und würden beim Wechselmodell bei beiden Elternteilen jeweils zur Hälfte berücksichtigt, so die Lohnsteuerhilfe weiter. Pro Elternteil würden also 4.194 Euro vom zu versteuernden Einkommen abgezogen, sofern der Vorteil der Freibeträge das Kindergeld übersteigt. Bei jedem Elternteil werde im Rahmen der Einkommensteuererklärung individuell geprüft, was für ihn günstiger sind. Der besserverdienende Elternteil werde somit steuerlich stärker entlastet.

Grundsätzlich könnten Unterhaltszahlungen für Kinder als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer abgesetzt werden. Voraussetzung sei aber, dass für das Kind kein Anspruch auf das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag besteht. Dabei spiele es keine Rolle, wer das Kindergeld bezieht. Für minderjährige Kinder seien Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen quasi ausgeschlossen, weil immer ein Anspruch auf Kindergeld oder die Freibeträge besteht. Daher könne keiner der beiden Elternteile Unterhaltszahlungen steuerlich geltend machen.

Kinderbetreuungskosten könnten zu zwei Dritteln bis maximal 4.000 Euro pro Kind steuerlich als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Es könne sie derjenige Elternteil abziehen, der die Aufwendungen getragen hat und zu dessen Haushalt das Kind gehört. Im Ergebnis könne jeder Elternteil die Hälfte, also bis zu 2.000 Euro, absetzen. Wichtig für die Anerkennung beim Finanzamt sei, dass die Begleichung als Überweisung stattgefunden hat und nachgewiesen werden kann. Barzahlungen würden nicht berücksichtigt. Hat ein Elternteil wesentlich höhere Ausgaben als der andere und dieser seinen Höchstbetrag nicht ausgenutzt, könnten sich die Eltern auf eine abweichende prozentuale Aufteilung einigen und diese mit der Steuererklärung beantragen. Tobias Gerauer, Vorstand der Lohnsteuerhilfe, rät beim Wechselmodell, dass die Verträge mit den Betreuungseinrichtungen von beiden Elternteilen unterschrieben werden, sodass beide Namen auf der Rechnung vermerkt werden.

Eltern müssten sich beim Wechselmodell untereinander in steuerlichen Dingen verständigen, egal, wie zerstritten sie sind. Denn nur sie könnten unter sich regeln, wer das Kindergeld und die Steuerklasse II erhält und wie sie die Kinderbetreuungskosten unter sich aufteilen. Das echte Wechselmodell habe in steuerlicher Hinsicht bislang nur bedingt gesetzliche Berücksichtigung gefunden. Anders sehe es in der Sozialgesetzgebung aus – dort habe das Wechselmodell bereits Einzug gehalten, so die Lohnsteuerhilfe. So werde das Kind beispielsweise bei jedem Elternteil, das Wohngeld bezieht, berücksichtigt oder die Auszahlung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende auf beide Elternteile aufgeteilt.

Lohnsteuerhilfe Bayern e.V., PM vom 27.05.2022

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