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Jahressteuergesetz 2020: Steuerberaterverband fordert Nachbesserungen
Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) fordert in Bezug auf den nun vorliegenden Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 Nachbesserungen.
Der Referentenentwurf sehe vor, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags deutlich flexibler zu gestalten. Waren bislang nur Wirtschaftsgüter begünstigt, die im Jahr der Investition sowie im Folgejahr zu mindestens 90 Prozent im Betrieb genutzt werden, solle die Begünstigung künftig bereits ab einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50 Prozent greifen. Zugleich würden die Investitionsabzugsbeträge angehoben, sodass künftig bis zu 50 Prozent der Investitionskosten gewinnmindernd abgezogen werden können. Der DStV begrüßt diese Maßnahmen ausdrücklich.
Darüber hinaus sollen die geltenden unterschiedlichen Betriebsgrößengrenzen abgeschafft werden. Künftig solle eine für alle Branchen und von der Einkunftsart unabhängige einheitliche Gewinngrenze in Höhe von 125.000 Euro gelten. Der DStV fordert hingegen seit langem eine Erhöhung der geltenden Schwellenwerte auf mindestens 335.000 Euro Betriebsvermögen für bilanzierende Unternehmen, 175.000 Euro Wirtschaftswert oder Ersatzwirtschaftswert bei land- und forst-wirtschaftlichen Betrieben sowie 200.000 Euro Gewinn für Unternehmen mit Einnahmenüberschussrechnung. Sofern die im Referentenentwurf angedachte Einführung einer einheitlichen Gewinngrenze verwirklicht wird, sollte diese daher zumindest auf 200.000 Euro festgesetzt werden.
Unplausibel erscheint dem DStV die im Entwurf geplante Einschränkung zur Nutzung des Investitionsabzugsbetrags für Personengesellschaften. Demnach solle die Hinzurechnung von Investitionsabzugsbeträgen künftig nur noch in dem Vermögensbereich zulässig sein, in dem der Abzug erfolgt ist. Da sowohl das Gesamthands- als auch das Sonderbetriebsvermögen zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft zählen, kann es aus Sicht des DStV aus rechtssystematischen Gründen nicht entscheidend sein, in welchem Bereich die Investition schließlich erfolgt. Maßgeblich – so der BFH – sei es doch, dass "…das durch den Investitionsabzugsbetrag begünstigte Wirtschaftsgut tatsächlich angeschafft [wird] und dem (einheitlichen) Betrieb der Gesellschaft [dient]." Der DStV sieht an dieser Stelle daher keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.
Er fordert erneut, dass die im 2. Corona-Steuerhilfegesetz nur für 2017 verlängerte Investitionsfrist des § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) auch auf die im Jahr 2018 und 2019 gebildeten Investitionsabzugsbeträge ausgeweitet wird. Für 2018 geplante Anschaffungen müsse der Steuerpflichtige spätestens im nächsten Jahr in die Geldbörse greifen, um Zinsen und Steuernachforderungen zu verhindern. In Kombination mit der Nachholung der Anschaffung für 2017 könne das im nächsten Jahr ordentlich zu Buche schlagen. Viele KMU dürften sich bis 2021 jedoch noch nicht erholt haben und die Liquiditätsbelastungen nur schwer schultern können.
Ordnungswidrig solle ein Steuerpflichtiger nach dem Umsatzsteuerrecht künftig handeln, wenn er entgegen der gesetzlich vorgegebenen Fälligkeitszeitpunkte eine Vorauszahlung, einen Unterschiedsbetrag oder eine festgesetzte Steuer nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig entrichtet. Diese Handlungen sollen mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden können. Die neue Ordnungswidrigkeit solle den geltenden § 26b Umsatzsteuergesetz (UStG) ersetzen und die Praxisprobleme bei dessen Durchsetzung lösen. Nach § 26b UStG könne (nur) die nicht oder nicht vollständige Entrichtung der in einer Rechnung im Sinne von § 14 UStG ausgewiesenen Umsatzsteuer zum gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt geahndet werden. Die Vorschrift ziele auf die Ahndung so genannter Umsatzsteuerkarussellgeschäfte ab.
Der DStV befürwortet das Engagement des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung zur Bekämpfung der Umsatzsteuerkarussellgeschäfte. Soweit die Erfahrungen in der Praxis gezeigt haben, dass mit § 26b UStG das beabsichtigte Ziel nicht erreicht wird, erkenne der DStV gesetzgeberischen Handlungsbedarf an. Die Ausgestaltung der geplanten Ordnungswidrigkeit sieht der DStV allerdings kritisch. Sie werde weitaus mehr Fälle in der Praxis als nur Karussellgeschäfte umfassen – so etwa eine verspätete Umsatzsteuervorauszahlung. Die Angemessenheit der Erweiterung der Ordnungswidrigkeit erscheine fraglich, da der Unrechtsgehalt eines Karussellgeschäfts um ein Vielfaches höher sei als eine Verzögerung im Zahlungsprozess. Karussellgeschäfte seien von einer hohen kriminellen Energie und dem Vorsatz des Steuerpflichtigen geprägt, die Steuer endgültig nicht zu leisten. Bei Zahlungsverspätungen ziele der Steuerpflichtige regelmäßig nicht auf eine dauerhafte Schädigung des Steueraufkommens ab. Ursächlich für die Verzögerungen seien in der Regel andere Umstände.
Zudem füge sich die Neuerung nicht in den rechtssystematischen Kontext ein – ordne sie für den Steuerpflichtigen doch eine schärfere Rechtslage als vergleichbare Ordnungswidrigkeiten an. So könne beispielsweise eine verspätete Lohnsteuerzahlung nur mit einem Bußgeld von maximal 25.000 Euro sanktioniert werden (§ 380 Abgabenordnung – AO). Zudem könne die verspätete Lohnsteuerzahlung nicht geahndet werden, so sie denn mit einer verspätet abgegebenen Lohnsteuer-Anmeldung zusammenhängt und diese Zuwiderhandlung verfolgt wird. Eine entsprechende Einschränkung sehe der Entwurf für die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht vor. Der DStV fordert daher, dass die Neuerung für die Fälle der verspätet geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen abgemildert werden. Nur die nicht oder nicht vollständige Entrichtung der Steuer sollte der geplanten Ordnungswidrigkeit unterfallen. Sie sollte wenigstens nicht schärfer sein als vergleichbare Regelungen.
Rechnungsberichtigungen sollen nach dem Referentenentwurf kein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und § 233a Absatz 2a AO darstellen. Daraus könnten sich Zinsnachteile für den Steuerpflichtigen ergeben, wenn er aus einer zunächst unvollständigen Rechnung bereits die Vorsteuer gezogen hat und diese erst später berichtigt wird. Für den Gesetzgeber habe diese Änderung mit Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) lediglich klarstellenden Charakter. Der DStV ist von der Argumentation nicht überzeugt: Auf europäischer Ebene habe das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung schließlich eine andere Bedeutung als nach nationalem Verständnis. Der EuGH erachte eine ordnungsgemäße Rechnung lediglich als formelle Voraussetzung, um das Abzugsrecht auszuüben (Urteil vom 15.09.2916, C-518/14). Die nationale Regelung des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 UStG und der BFH-Rechtsprechung folgend (Urteil vom 20.10.2016, V R 26/15) sei die ordnungsgemäße Rechnung hingegen materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Der BFH hat die Frage, ob eine Rechnungsberichtigung ein rückwirkendes Ereignis darstellt, im genannten Urteil explizit offengelassen. Solange nach nationalem Verständnis die ordnungsgemäße Rechnung als materielles Tatbestandsmerkmal für den Vorsteuerabzug gilt, sollte daher eine rückwirkende Rechnungsberichtigung auch als rückwirkendes Ereignis anerkannt werden.
Derzeit gilt bei der verbilligten Überlassung einer Wohnung zu weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete eine generelle Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlich und einen unentgeltlich vermieteten Teil. Nur die auf den entgeltlich vermieteten Teil der Wohnung entfallenden Werbungskosten können die Steuerlast mindern. Der Referentenentwurf sehe nunmehr vor, die Grenze auf 50 Prozent der ortsüblichen Miete herabzusetzen. Hiervon sollen vor allem Vermieter profitieren, die im Interesse des Fortbestands ihrer oft langjährigen Mietverhältnisse davon Abstand nehmen, regelmäßig (zulässige) Mieterhöhungen vorzunehmen. Für Entgelte, die mindestens 50 Prozent, aber weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete betragen, solle nunmehr (wieder) eine Totalüberschussprognoseprüfung durchzuführen sein. Der Grund: Die verbilligte Wohnraumüberlassung sei nicht nur in den Fällen langjähriger Mietverhältnisse anzutreffen, bei denen Vermieter über einen längeren Zeitraum Mieterhöhungspotentiale nicht oder nicht vollständig ausschöpfen. Sie ist vielmehr auch sehr häufig bei der Vermietung zwischen Angehörigen vorzufinden. Die geplante Differenzierung solle in diesen Fällen der Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung der Regelung entgegenwirken.
Zwar begrüßt der DStV die Herabsetzung der Grenze auf 50 Prozent der ortsüblichen Miete. Mit der Wiedereinführung der Totalüberschussprognoseprüfung rolle jedoch eine bürokratische Welle auf den Berufsstand und die Steuerpflichtigen zu. Diese Welle zu brechen und dennoch der Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung speziell bei der Vermietung zwischen Angehörigen zu begegnen, genügt nach Auffassung des DStV auch eine gesetzliche Klarstellung. Diese sollte regeln, dass auch künftig für Mietverhältnisse zwischen Angehörigen die 66-Prozent-Grenze greift.
Deutscher Steuerberaterverband e.V., PM vom 21.08.2020