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Jahressteuergesetz 2008: Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren mit Grundgesetz teilweise unvereinbar

09.03.2023

Die Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Jahressteuergesetz (§ 38 Absatz 5 und 6 in Verbindung mit § 34 Absatz 16 Satz 1 Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 2008) ist mit dem Grundgesetz (GG) teilweise nicht vereinbar. Insoweit liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Artikel 3 Absatz 1 GG vor. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden.

Die Regelung ist Teil der Übergangsvorschriften für den Systemwechsel vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Während der Geltung des Anrechnungsverfahrens wurde das verwendbare Eigenkapital einer Gesellschaft entsprechend seiner Vorbelastung mit Körperschaftsteuer in verschiedene "Eigenkapitaltöpfe" (EK) gegliedert. Steuerfreie Vermögensmehrungen wurden unter anderem im so genannten EK 02 erfasst. Im Fall der Ausschüttung dieses Eigenkapitals wurde es bei Verlassen der steuerbefreiten Sphäre auf der Ebene der Körperschaft mit (zuletzt) 30 Prozent nachbelastet. Beim Anteilseigner wurde die Ausschüttung – unter Anrechnung der von der Kapitalgesellschaft entrichteten Körperschaftsteuer – mit dessen individuellem Einkommensteuersatz besteuert. Unter dem Halbeinkünfteverfahren erfolgt im Fall der Ausschüttung keine Nachbelastung der von der Körperschaft steuerfrei erwirtschafteten Gewinne; beim Anteilseigner unterliegt die Ausschüttung nur zur Hälfte (seit 2009 zu 60 Prozent) der Einkommensteuer.

Nach der ursprünglichen Übergangsregelung zur Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 (StSenkG) sollte das alte EK 02 nur noch bis zum Ablauf eines 15-jährigen (später auf 18 Jahre erweiterten) Übergangszeitraums im Fall seiner Ausschüttung mit 30 Prozent nachbelastet werden. Durch das JStG 2008 wurde mit § 38 Absatz 5 und 6 KStG stattdessen eine pauschale ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des noch vorhandenen EK 02 mit drei Prozent Körperschaftsteuer eingeführt. Gemäß § 34 Absatz 16 Satz 1 KStG (in der Fassung des JStG 2008) konnten sich bestimmte Unternehmen aus dem Bereich der Wohnungswirtschaft und steuerbefreite Körperschaften auf Antrag unter Fortgeltung der bisherigen Rechtslage von der Anwendung dieser Regelung befreien lassen. Das hat zur Folge, dass es für diese Unternehmen nur im Fall einer Ausschüttung während des 18-jährigen Übergangszeitraums zu einer Nachbelastung des EK 02 kommt, während der EK-02-Bestand anderer Körperschaften zwingend – das heißt unabhängig davon, ob er ausgeschüttet wird oder nicht – gemäß § 38 Absatz 5 und 6 KStG nachbelastet wird.

Die ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des EK 02 durch § 38 Absatz 5 und 6 KStG sei zwar für sich genommen sowohl mit dem allgemeinen Gleichheitssatz als auch mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes sowie dem Schutz des Eigentums und der allgemeinen Handlungsfreiheit vereinbar, so das BVerfG. Sie verstoße jedoch in Verbindung mit dem in § 34 Absatz 16 Satz 1 KStG vorgesehenen Antragswahlrecht bestimmter Körperschaften gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Ausnahmeregelung bewirke eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von Körperschaften, die nicht gerechtfertigt sei.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 07.12.2022, 2 BvR 988/16

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