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In Wohnung eingesperrt: Kein Berufen auf Wucher gegenüber herbeigerufenem Schlüsseldienst

15.07.2020

Der in seine Wohnung Eingesperrte kann sich hier gegenüber dem herbeigerufenen Schlüsseldienst nicht auf Wucher berufen. Dies hat das Amtsgericht (AG) München entschieden und eine Klage gegen einen Schlüsseldienstbetreiber auf Rückerstattung eines Großteils des gezahlten Lohnes von rund 620 Euro abgewiesen.

Als der Kläger an einem Sonntag seine Wohnung gegen 22.00 Uhr verlassen wollte, konnte er die Wohnungstür nicht öffnen. Deswegen wandte er sich an einen Schlüsseldienst mit 24-Stunden-Notservice. Auf telefonische Frage nach einem konkreten Angebot wurde er darauf verwiesen, dass man sich erst ein genaues Bild vor Ort machen müsse. Gegen Mitternacht erschien der Beklagte vor der Wohnungstür. Durch deren Briefschlitz übergab er dem Kläger ein Formular. Dort waren jeweils "netto" ein "fallspezifischer Einsatzwert Mo. - Fr. 9-18 Uhr" von 189 Euro, Pauschalen von An- und Abfahrt von je 20 Euro, ein Sonn- und Feiertagszuschlag von 189 Euro bereits ausgefüllt. Ohne Unterschrift werde die Türe nicht geöffnet. Der Kläger müsse jedenfalls, auch bei Verweigerung der Unterschrift, die Kosten für den Zeitaufwand und die An- und Abfahrt zu tragen. Dieser leistete daraufhin die verlangte Unterschrift.

Nach rascher Öffnung der Tür stellte sich heraus, dass die Türfalle gebrochen war. Der Kläger beauftragte den Beklagten deswegen auch mit dem Austausch des Schlosses, dessen Preis von 169 Euro damit begründet wurde, dass es sich nicht um Massenware aus dem Baumarkt handele. Das Formular wurde um die Posten "Mehrarbeitszeit" in Höhe von 139 Euro und "Sicherheitsschloss" von 169 Euro ergänzt. Der Kläger unterschrieb dann unter dem Titel "Abnahmeprotokoll" erneut und bestätigte damit unter anderem, dass er die Arbeit ohne Mängel abgenommen habe, die obenstehenden Artikel verbaut worden seien und er die Zahlung ohne Abzüge vornehme. Der Kläger bezahlte den Rechnungsbetrag insgesamt in bar, nachdem ihm für den Fall einer Zahlung per EC-Karte weitere Kosten von 9,90 Euro genannt worden waren. Der Vermieter erstattete dem Kläger nur einen Betrag von 217 Euro und verwies ihn auf ein entsprechendes Angebot eines anderen Anbieters sowie Preisempfehlungen des Bundesverbands Metall aus dem Jahr 2011.

Der Kläger beruft sich wegen des auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung auf wegen Sittenwidrigkeit bestehende Unwirksamkeit des Vertrags mit dem Schlüsseldienst, zumal er sich auch in einer Zwangslage befunden habe, da er am nächsten Morgen zur Arbeit erscheinen habe müssen. Der Beklagte wendet ein, dass niemand den Kläger genötigt habe, die angebotene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Der Kläger hätte ihn auch – maximal belastet mit den Anfahrtskosten – wegschicken können.

Das AG München gab dem Beklagten Recht. Der Kläger habe sich in keiner Zwangslage im Sinne des § 138 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befunden. Ihm sei es weder unmöglich noch unzumutbar gewesen, den Beklagten wegzuschicken. Der Kläger habe sich in seiner Wohnung befunden und normalen und zuverlässigen Kontakt zur Außenwelt gehabt. Es mag sein, dass er sich in einer für ihn unangenehmen Lage befand – eine Art von Zwang, gerade den Beklagten zu beauftragen, sei daraus aber nicht erwachsen. Der Beklagte habe dem Kläger sein schriftliches und detailliertes Angebot unterbreitet. Dieser hätte das Angebot ablehnen können. Auch Anfahrtskosten hätte er zunächst faktisch nicht zahlen müssen und den Beklagten auf den Rechtsweg verweisen können, meint das AG. Auch hätte der Kläger auf zumutbare Weise einen anderen Schlüsseldienst beauftragen können. Es sei weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die Beklagten im Raum München über eine Monopolstellung verfügten.

Auch ein Verstoß gegen § 138 Absatz 1 BGB liege nicht vor. In einer vom Grundsatz der Vertragsfreiheit geprägten freien Marktwirtschaft müsse es grundsätzlich den Parteien überlassen werden, eine angemessene Vergütung für eine konkrete Leistung zu bestimmen. Wenn ein Anbieter dauerhaft überteuerte Angebote macht, werde er entweder seine Preisvorstellungen reduzieren müssen oder aber vom Markt verschwinden, meint das AG.

Amtsgericht München, Urteil vom 08.01.2020, 171 C 7243/19, rechtskräftig

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