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Impfschäden: Schadensersatzklage gegen Comirnaty-Hersteller auch in zweiter Instanz erfolglos
Immer wieder kommt es zu Klagen wegen behaupteter Impfschäden nach einer Impfung gegen Corona. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat jetzt die Abweisung einer Schadensersatzklage gegen den Hersteller des mRNA-Impfstoffes Comirnaty bestätigt – wegen eines positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffes.
Eine Frau hatte sich Ende August und Ende September 2021 mit dem Impfstoff Comirnaty gegen Corona impfen lassen. Der Impfstoff war am 21.12.2020 bedingt zugelassen worden, am 10.10.2022 erfolgte seine Standardzulassung.
Die geimpfte Frau behauptet, wenige Tage nach der ersten Impfung unter starken Kopfschmerzen und einem immer intensiveren Schwindel gelitten zu haben. Diese Symptome hätten sich nach der zweiten Impfung noch verstärkt. Sie leide daran bis heute, habe ein unsicheres Gangbild, sei fallgeneigt und müsse regelmäßig gestützt werden. Dies führe zu erheblichen Folgebeeinträchtigungen, insbesondere auch in Bezug auf ihre Belastbarkeit. Die Klägerin verlangt immateriellen Schadensersatz von 100.000 Euro, die Feststellung der Ersatzpflicht des Herstellers für materielle Schäden und – in der Berufungsinstanz klageerweiternd – Auskunft. Die Herstellerin tritt dem entgegen. Die Klage hatte weder in erster noch in zweiter Instanz Erfolg. Allerdings hat das OLG die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
In der Entscheidung hat es sich von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis des eingesetzten mRNA-Impfstoffes Comirnaty – ausgehend von den Erkenntnissen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 26.06.2024 projiziert auf den Zeitpunkt der Anwendung des Impfstoffes – überzeugt gezeigt. Dabei könne dahinstehen, ob dies schon aus Rechtsgründen aufgrund der europäischen Zulassung bindend feststehe. Vielmehr zeigte sich das OLG auch aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen der Europäischen Arzneimittelagentur, von deren Ausschüssen und dem nationalen Paul-Ehrlich-Institut eigenständig vom positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis überzeugt.
Darüber hinaus hat es herausgestellt, dass es – bezogen auf die Gesamtheit aller Personen, die potentiell geimpft werden konnten und sollten – keinen 100-prozentigen Schutz gebe; dies sei auch nicht die "versprochene" und zugelassene Wirkung des Impfstoffs. Das OLG übersehe dessen Risiken in Form von sich realisierenden Nebenwirkungen vor der Zulassung nicht. Allerdings überwiege der Nutzen die Risiken bei Weitem. Dem von der Verwirklichung eines Risikos Betroffenen werde ein im Sinne des Gesetzes vertretbares Opfer zum Nutzen der Gesamtheit abverlangt. Aus der Verwirklichung eines Risikos im Einzelfall könne insoweit nicht auf die Unwirksamkeit des Arzneimittels im Allgemeinen und damit ein den Nutzen überwiegendes Risiko geschlossen werden.
Das OLG hat auch keine unrichtige Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation zu dem mRNA-Impfstoff Comirnaty gesehen. Die gesetzlich relevanten Produktinformationen seien vielmehr nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Erkenntnisse richtig gewesen und fortlaufend aktualisiert worden. Die Produktinformationen seien auch frei zugänglich, wenn sich die Klägerin darum bemüht hätte.
Ohne dass dies für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch noch von Erheblichkeit war, hat das OLG darauf verwiesen, dass die Klägerin nicht habe nachweisen können, dass ihre behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit den Impfungen stünden und auf diese zurückgingen.
Die erst in der Berufungsinstanz erhobene Auskunftsklage hat es gleichermaßen abgewiesen. Die Klägerin habe keine ausreichenden Indiztatsachen dargelegt, die die Annahme begründeten, dass der Impfstoff ihre Beschwerden verursacht habe.
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 10.07.2024, 5 U 1375/23