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Grundsteuer-Reform: Niedersachsen entscheidet sich für eigenes Modell

15.04.2021

Die Koalitionspartner in Niedersachsen haben sich verständigt: Niedersachsen soll eine eigene, einfache und gerechte Grundsteuer bekommen. Die Bürger sollen – anders als beim Bundesmodell – für die Grundsteuer nur noch einmal eine Steuererklärung abgeben müssen. Diese Erklärung bestehe aus wenigen Angaben zu den Flächengrößen und der Nutzung, erläutert das Finanzministerium des Landes. Den Rest erledige die Verwaltung.

Dass die Grundsteuer reformiert werden müsse, habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgegeben. Ab dem 01.01.2025 könne sie nur noch nach neuem Recht erhoben werden. Dafür habe der Bund ein komplexes Modell entwickelt, das dem alten Recht ähnlich sei, so das Finanzministerium Niedersachsen. Er habe zugleich den Ländern die Möglichkeit gegeben, eigenes Landesrecht für die Grundsteuer zu schaffen. Die niedersächsische Regierungskoalition habe sich nun entschieden, eine selbstentwickelte Lösung dem Bundesmodell vorzuziehen. Neben Niedersachsen planten weitere Bundesländer die Öffnungsklausel zu nutzen: Bayern bevorzuge ein reines Flächen-Modell; Hamburg und Hessen hätten sich wie Niedersachsen für ein Flächen-Modell entschieden, das um eine Lage-Komponente erweitert wird.

Laut Finanzministerium Niedersachsen knüpft das Bundesgesetz wie das bisherige Recht weiterhin am Verkehrswert der Grundstücke an. Dadurch, dass dieser Wert für jedes einzelne Grundstück erst ermittelt werden muss, sei das Gesetz notwendigerweise sehr aufwändig, kleinteilig, intransparent und kompliziert. Um dies abzumildern, seien umfangreiche Typisierungen und Vergröberungen vorgenommen worden, was wiederum das Risiko in sich berge, dass das Gesetz erneut als verfassungswidrig verworfen wird. Auch würden die Bürger die einzelnen, komplexen Berechnungsschritte nur schwer nachvollziehen können, befürchtet das Finanzministerium Niedersachsen.

Um diesen Erschwernissen auszuweichen, seien alternative Modelle entwickelt worden. Sie seien möglich und zulässig. Denn nach dem Urteil des BVerfG sei der Gesetzgeber nicht gezwungen, die Bemessung der Grundsteuer wertabhängig auszugestalten. Möglich sei zum Beispiel ein reines Flächen-Modell, für das sich Bayern entschieden habe. Die Belastung mit Grundsteuer werde hier nicht nach dem Wert des Grundstücks verteilt, sondern nach dem Nutzen, den die Grundstücksbesitzer daraus ziehen können, dass sie in der jeweiligen Gemeinde ihr Objekt innehaben. Dieser Nutzen (das Äquivalent) werde in Bayern künftig allein nach der Fläche bemessen. Das Flächen-Modell nehme die Größe des Grundstücks und des Gebäudes – also die Fläche – zum Maßstab. Es sei sehr einfach und gut nachvollziehbar. Seine Schwäche liege darin, dass für Grundstücke derselben Größe in derselben Gemeinde dieselbe Grundsteuer erhoben wird – egal, ob sich das Objekt in allerbester oder in mäßiger Lage befindet.

Typischerweise sei der Nutzen eines Grundstücks davon abhängig, an welcher Stelle in der Gemeinde das Grundstück liegt, das heiße, auch die Lage spiele eine Rolle und könne die Relation der Objekte zueinander richtig feststellen. Die Gemeinde biete dem Grundbesitzer typischerweise in guter Lage mehr und in mäßiger Lage weniger Nutzen, zum Beispiel in Gestalt unterschiedlich langer oder kurzer Wege, der Erreichbarkeit kommunaler Dienste und der Nutzungs-/Lebensqualität. Diese Unterschiede berücksichtige das Flächen-Lage-Modell, unterstreicht das Finanzministerium Niedersachsen. Als Indikator für die Lage würden die flächendeckend (für Bauflächen) vorhandenen Bodenrichtwerte für das jeweilige Grundstück genutzt. Der Bodenrichtwert des Grundstücks werde mit dem Gemeindedurchschnitt verglichen. Mit dieser Relation werde das "Besser" oder "Mäßiger" der Lagen messbar gemacht. Da es nicht auf die absolute Höhe der Werte ankomme (kein Verkehrswert-Modell), sondern auf das Verhältnis, werde der Faktor sodann angemessen gedämpft. Im Ergebnis entstehe ein moderater Zu- oder Abschlag. Beispielsweise führe der doppelt so hohe Bodenrichtwert im Vergleich zum Durchschnitt zu einem Zuschlag von 20 Prozent. Das sei der Lage-Faktor 1,2.

Die Lage-Faktoren sorgen laut Finanzministerium Niedersachsen dafür, dass der Gedanke der Nutzen-Äquivalenz noch besser als beim reinen Flächen-Modell zum Tragen kommt. Sie spiegelten nicht den Wert der Bebauung wider, sondern die Teilhabe an der kommunalen Leistung durch den Grundbesitz in der jeweiligen Lage. Mit anderen Worten: Das Flächen-Lage-Modell optimiere das extrem einfache Flächen-Modell über die Berücksichtigung der Lage.

Ein Vorteil des Flächen-Lage-Modells sei, dass es leicht umsetzbar sei und keine streitanfälligen Determinanten enthalte. Gegenüber dem verkehrswertorientierten Bundesmodell biete es insbesondere den Vorteil einer deutlich leichteren Administrierbarkeit mit nur noch einer einmaligen Hauptfeststellung für die circa 3,6 Millionen zu bewertenden Grundstücke in Niedersachsen anstelle regelmäßiger weiterer Hauptfeststellungen im Sieben-Jahre-Rhythmus. Nur bei gravierenden Änderungen der Lageverhältnisse, die automatisiert von der Verwaltung überprüft würden, komme es im Flächen-Lage-Modell zu neuen Steuerbescheiden in den betroffenen Gebieten. Insgesamt bedeute das also erhebliche Einsparung von Personal- und Verwaltungskosten.

Der jeweilige Lage-Faktor solle sich direkt aus den Regelungen im Niedersächsischen Grundsteuergesetz ergeben. Die niedersächsische Finanzverwaltung solle lediglich die – einfache – Berechnung dieser Lagefaktoren durchführen. Das Ergebnis könne automatisch in die Steuerberechnung einfließen. Für die Steuerpflichtigen solle ein "Grundsteuer-Viewer" zur Verfügung gestellt werden. Das sei eine Kartendarstellung im Internet, aus der die Flächen und Faktoren ersichtlich sein werden. Er sei ein Transparenz-Instrument und eine Ausfüllhilfe für die Flächenangaben.

Ziel sei es, so das Finanzministerium, einen guten und gerechten Weg für die Bemessung der Grundsteuer zu wählen, der Bürger möglichst wenig belastet, den Kommunen Sicherheit gibt und Personal spart.

Finanzministerium Niedersachsen, PM vom 13.04.2021

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