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Grenzüberschreitende Betätigung: Zum Sonderausgabenabzug
Ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) behandelt die Frage des Sonderausgabenabzugs von Vorsorgeaufwendungen bei grenzüberschreitender Betätigung sowie die Anwendung der Ausnahme vom Sonderausgabenabzugsverbot für Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Hs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG).
Gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Hs. 1 EStG kommt ein Sonderausgabenabzug für Beiträge nach § 10 Absatz 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG nur in Betracht, wenn diese nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl. I S. 2338) sei mit § 10 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Hs. 2 EStG eine Rückausnahme geschaffen und mit dem Jahressteuergesetz 2020 (BGBl. I Seite 3096) in Hinblick auf die Schweizerische Eidgenossenschaft erweitert worden, so das BMF.
Nach dieser Vorschrift seien Vorsorgeaufwendungen ungeachtet des Abzugsverbots als Sonderausgaben zu berücksichtigen gewesen, soweit sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem EU-Mitgliedstaat oder einem EU-/EWR-Staat oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit stehen, diese Einnahmen nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfrei sind und der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt.
Mit Urteilen vom 27.10.2021 (X R 11/20 und X R 28/20) habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass es die Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gebietet, vom Ausschluss des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Hs. 2 EStG auch dann abzusehen, wenn der Steuerpflichtige im ehemaligen Beschäftigungsstaat keine Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit erzielt, sondern eine vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses abhängige gesetzliche Altersrente. Zudem seien für die Frage, ob der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dort bezogener Einnahmen zulässt, die einzelnen Sparten der Vorsorgeaufwendungen getrennt zu beurteilen, so das BMF.
Mit Urteil vom 24.05.2023 (X R 28/21) habe der BFH zudem entschieden, dass die Sonderregelung zur Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen in § 10 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Hs. 2 Buchstabe a EStG aufgrund der Niederlassungsfreiheit (Artikel 49 AEUV) auch für Vorsorgeaufwendungen gilt, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus einer ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit stehen.
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 habe der Gesetzgeber § 10 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Hs. 2a EStG angepasst. Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Absatz 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG sind laut BMF nunmehr als Sonderausgaben zu berücksichtigen, soweit sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem EU-/EWRStaat oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen stehen. Es komme nicht mehr darauf an, ob es sich um Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit handelt.
Daher gelte Folgendes: Beiträge nach § 10 Absatz 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, also keine durch den Bezug der steuerfreien Einnahmen auslösende Pflichtbeiträge an einen Sozialversicherungsträger sind, seien weiterhin unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Dazu gehören laut BMF beispielsweise Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen einer freiwilligen Versicherung, zu einer zusätzlichen privaten Kranken- oder Pflegeversicherung sowie zu einer freiwilligen Unfallversicherung.
Zur Beurteilung der Frage, ob gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Hs. 2c EStG der andere Staat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dort bezogener Einnahmen zulässt, seien die einzelnen Sparten der Vorsorgeaufwendungen getrennt zu beurteilen. Zu differenzieren sei zwischen den durch den Bezug der steuerfreien Einnahmen ausgelösten Pflichtbeiträgen zu folgenden Sparten: gesetzliche Rentenversicherung, gesetzliche Krankenversicherung, gesetzliche Pflegeversicherung sowie Arbeitslosenversicherung.
Die geleisteten Aufwendungen müssen laut BMF in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Aufwendungen vergleichbar sein. Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen einer Sparte im (gegebenenfalls ehemaligen) EU-/EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft habe nicht zur Folge, dass die Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen für andere Versicherungssparten im Inland ausgeschlossen ist. Laut BMF sind die neuen Regelungen in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 03.04.2025, IV C 4 - S 2221/00380/003/005