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Gleichgeschlechtliches Ehepaar: Kann Kosten für Leihmutter nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend machen

19.01.2022

Aufwendungen eines aus zwei Männern bestehenden Ehepaares für eine in den USA durchgeführte Leihmutterschaft führen nicht zu außergewöhnlichen Belastungen. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die vom FG zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 29/21 anhängig.

Die Kläger, zwei miteinander verheiratete Männer, nahmen die Dienste einer in Kalifornien lebenden Leihmutter in Anspruch. Diese wurde dort in einer Leihmutterklinik künstlich befruchtet, wobei die Eizelle von einer anderen Frau und die Samenzellen von einem der Kläger stammten. Das hieraus entstandene Kind lebt seit seiner Geburt bei den Klägern in Deutschland. Diese machten die im Zusammenhang mit der Leihmutterschaft angefallenen Aufwendungen (Agentur-, Reise-, Beratungs- und Untersuchungskosten sowie Kosten für Nahrungsergänzungsmittel zur Steigerung der Fertilität) in Höhe von circa 13.000 Euro als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil eine Leihmutterschaft nach dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) in Deutschland verboten sei.

Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage führten die Kläger aus, dass ihre ungewollte Kinderlosigkeit, die sich aus der biologischen Sachgesetzlichkeit der männlich gleichgeschlechtlichen Beziehung ergebe, von der WHO als Krankheit anerkannt sei. Aus der Hierdurch entstandenen schweren Belastung habe sich bei mindestens einem der Kläger eine psychische Erkrankung ergeben. Die Regelungen im Bundesstaat Kalifornien folgten höchsten ethischen Ansprüchen, was den Klägern sehr wichtig gewesen sei. Es sei nicht gerechtfertigt, die Anerkennung der Aufwendungen unter Verweis auf das ESchG zu versagen, da dessen Vorschriften in der Wissenschaft umstritten und veraltet seien. Es sei weder nachgewiesen, dass das Kindeswohl gefährdet sei, noch dass Leihmütter per se ausgebeutet würden. Das ESchG sei insoweit nicht verfassungsgemäß.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung, welche aufgrund der Empfängnisunfähigkeit einer Frau oder der Zeugungsunfähigkeit eines Mannes vorgenommen wird, seien als Krankheitskosten und damit als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Erforderlich sei hierbei, dass die künstliche Befruchtung in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht sowie mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen werde.

Von der Rechtsprechung anerkannt worden seien derartige Aufwendungen unabhängig davon, ob die künstlich befruchtete Frau in einer gemischt- oder gleichgeschlechtlichen oder in gar keiner Beziehung lebe. Vor diesem Hintergrund sei nicht von vornherein auszuschließen, dass sich die Rechtsprechung weiterhin dahin entwickele, dass auch zwei Ehemänner Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung geltend machen können, wenn bei einem der Partner Symptome einer psychischen Erkrankung eingetreten seien.

Im Streitfall scheitere die Abziehbarkeit allerdings daran, dass die Behandlung nicht nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts vorgenommen worden sei. Nach dem ESchG seien eine künstliche Befruchtung mit der Eizelle einer anderen Frau und ein Leihmutterschaftsverhältnis in Deutschland nicht erlaubt.

Die Regelungen des ESchG seien auch verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber hätte die Fragen der Eizellenspende und der Leihmutterschaft zwar möglicherweise auch anders regeln können, habe sich aber innerhalb seines Gestaltungsspielraums bewegt. Er habe mit den Regelungen den Zweck verfolgt, die sich möglicherweise aus einer "gespaltenen Mutterschaft" beziehungsweise eine Ersatzmutterschaft ergebenden potentiellen Konfliktsituationen für die seelische Entwicklung des Kindes zu vermeiden. Hierbei handele es sich trotz bestehender Kritik in der Wissenschaft um jedenfalls vertretbare Erwägungen. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass die psychischen Folgen für Leihmütter und Wunscheltern bislang wenig untersucht worden seien. Ein etwaiger Eingriff in das Recht der Kläger auf "reproduktive Autonomie", das teilweise aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, dem Schutz der Familie oder der allgemeinen Handlungsfreiheit hergeleitet werde, sei daher verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liege nicht vor, weil das Verbot der Leihmutterschaft nicht nur gleichgeschlechtliche Partnerschaften von Männern, sondern auch heterosexuelle Beziehungen betreffe.

Finanzgericht Münster, Urteil vom 07.10.2021, 10 K 3172/19 E

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