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Gestiegene Materialkosten: Bauunternehmen muss Haus dennoch zu vereinbartem Festpreis errichten

16.02.2024

Ein Bauunternehmen kann die zu einem Festpreis vereinbarte Errichtung eines Massivhauses nicht unter Verweis auf unvorhersehbare Materialpreissteigerungen verweigern, wenn es eine Formularklausel in den Bauvertrag eingebracht hat, die ihm eine unbegrenzte einseitige Anpassung der Vergütung ermöglicht. Dies hat das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken entschieden.

Ein Ehepaar und ein Bauunternehmen schlossen im Dezember 2020 einen Vertrag, in dem sich das Unternehmen dazu verpflichtete, auf dem Grundstück des Paars ein Massivhaus zu einem Pauschalpreis von rund 300.000 Euro zu errichten. Hierzu verwendeten die Parteien ein Vertragsmuster des Unternehmens, in dem es heißt, dass beide Seiten bis Ablauf eines Jahres ab Vertragsunterzeichnung an den vereinbarten Preis gebunden seien, wenn innerhalb von drei Monaten nach Vertragsschluss mit den Bauarbeiten begonnen werde.

Unter Verweis auf diese Bestimmung teilte das Unternehmen den Eheleuten im Juni 2021 mit, dass sich der vereinbarte Preis um etwa 50.000 Euro erhöhe. Es begründete den Schritt mit außerordentlichen und nicht vorhersehbaren Preissteigerungen beim Baumaterial. Das Ehepaar akzeptierte die Preiserhöhung nicht und forderte das Unternehmen auf, mit den Bauarbeiten zu beginnen. Auf die Weigerung des Unternehmens kündigten die Eheleute den Vertrag und beauftragten ein anderes Bauunternehmen mit der Errichtung eines Massivhauses zu einem höheren als dem mit dem ersten Unternehmen vereinbarten Festpreis.

Mit ihrer Klage haben die Eheleute verlangt festzustellen, dass das beklagte Bauunternehmen verpflichtet ist, ihnen Mehrkosten bei der Errichtung des Hauses zu ersetzen, die deshalb entstehen, weil das Unternehmen sich geweigert hat, den Vertrag zum vereinbarten Preis zu erfüllen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen hat das Bauunternehmen Berufung eingelegt: Eine Errichtung des Hauses zum ursprünglich vereinbarten Preis sei existenzbedrohend und ihm daher nicht zumutbar gewesen.

Das OLG hat das Bauunternehmen auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung hingewiesen, woraufhin es sein Rechtsmittel zurückgenommen hat. Den Eheleuten stehe der geltend gemachte Ersatz zu. Die Weigerung des Unternehmens, zum vereinbarten Preis zu erfüllen, habe sie zur Vertragskündigung und zur Beauftragung eines anderen Unternehmens veranlasst. Hierauf zurückzuführende Mehrkosten des Baus habe das Unternehmen zu ersetzen.

Das Bauunternehmen habe den Bau des Hauses zum vereinbarten Festpreis geschuldet. Die Preisanpassungsklausel im Vertrag sei unwirksam gewesen, so das OLG. Sie benachteilige die Kunden des Unternehmens, das die vereinbarte Vergütung durch die Festlegung der Listenpreise ohne Begrenzung einseitig anheben könne, unangemessen. Die Kunden könnten der Bestimmung bei Vertragsschluss nicht entnehmen, mit Preissteigerungen welchen Umfangs sie zu rechnen hätten. Gerade Besteller eines Neubaus seien darauf aber in besonderem Maße angewiesen. Häufig sei die ganze Finanzierung auf den Festpreis ausgerichtet, sodass schon vermeintlich geringfügige Änderungen die Kunden an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringen könnten.

Das Unternehmen habe die Vertragserfüllung zum ursprünglich vereinbarten Preis auch nicht deshalb verweigern dürfen, weil sich die Vertragsgrundlage aufgrund unvorhersehbarer Materialpreissteigerungen geändert habe. Denn das Unternehmen habe bei Vertragsschluss die Möglichkeit gehabt, sich mit einer Bestimmung gegen dieses Risiko abzusichern, die auch den Interessen seiner Kunden ausreichend Rechnung getragen hätte.

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 13.07.2023, 5 U 188/22, rechtskräftig

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