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Gesichtsschleier: Nicht beim Führen eines Fahrzeugs

29.02.2024

Das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen hat in zwei Fällen Entscheidungen von Bezirksregierungen bestätigt, wonach muslimische Frauen am Steuer eines Kraftfahrzeuges keinen Gesichtsschleier tragen dürfen.

Die Klägerinnen, zwei Muslima aus Bochum beziehungsweise Gelsenkirchen, beantragten bei der jeweils zuständigen Bezirksregierung eine Ausnahmegenehmigung vom Verdeckungsverbot des § 23 Absatz 4 Straßenverkehrsordnung (StVO), um als Kraftfahrzeugführerinnen einen Gesichtsschleier (Niqab) tragen zu können, der das gesamte Gesicht verdeckt und lediglich die Augen frei lässt.

Zur Begründung führten sie aus, es entspreche ihrer religiösen Überzeugung, sich in der Öffentlichkeit nicht unverhüllt zu zeigen. Das in der StVO geregelte Verbot, als Fahrzeugführer sein Gesicht so zu verhüllen oder zu verdecken, dass es nicht mehr zu erkennen ist, sei bereits unwirksam, da es dazu statt einer Verordnung einer gesetzlichen Regelung bedürfe. Im Übrigen verstoße es gegen die in Artikel 4 Grundgesetz (GG) garantierte Religionsfreiheit und diskriminiere in besonderer Weise muslimische Frauen, die aus religiöser Überzeugung der Ansicht sind, ihr Gesicht verdecken zu müssen.

Das VG Gelsenkirchen folgte dieser Auffassung nicht. Es hält das Verdeckungsverbot in der StVO für wirksam und hinreichend bestimmt geregelt. Zweck der Regelung des § 23 Absatz 4 StVO sei es, allgemein sicherzustellen, dass eine Identifizierung durch von automatischen Kontrolleinrichtungen (Radarfallen) gefertigten Fotos möglich ist und eine ausreichende Rundumsicht der Fahrzeugführer gewährleistet wird. Das Verbot diene damit allgemein der präventiven Abwehr von Gefahren. Die Bestimmung stellt sich nach Auffassung des Gerichts auch als religions- und geschlechtsneutral dar, da sie unterschiedslos alle Formen der Verhinderung einer Identifizierung untersagt. Entsprechend seien auch während der Covid-19-Epidemie Verbote des Tragens von Mund-Nase-Bedeckungen von Kraftfahrzeugführern gerichtlich bestätigt worden.

Das Verbot verletze die Religionsfreiheit der Klägerinnen nicht, führt das VG weiter aus. Diese verhindere zwar, dass sich staatliche Organe ein Urteil über die Berechtigung der religiösen Überzeugung der Klägerinnen bilden dürfen. Die Religionsfreiheit finde hier ihre Grenzen aber in gleichwertigen Grundrechtspositionen anderer Verkehrsteilnehmer. Der Schutzbereich des Artikels 4 GG gewähre gerade keinen Anspruch des Einzelnen gegen den Staat auf eine bestimmte Gestaltung der Rechtsordnung oder ihrer Anwendung nach seinen Glaubens- und Gewissensvorstellungen.

Das VG sah daher die Entscheidungen der jeweiligen Bezirksregierungen, die Anträge der Klägerinnen abzulehnen, als rechtmäßig an und wies die dagegen gerichteten Klagen ab. Damit bestätigte es eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz vom 08.01.2021 (14 L 1537/20).

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Klägerinnen können die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen beantragen.

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 14 K 4280/20 und 14 K 598/21, nicht rechtskräftig

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