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Geplante VW-Übernahme: Porsche handelte bei Information des Kapitalmarktes nicht verwerflich

05.10.2022

Die Porsche SE und die Volkswagen AG haben in einem Kapitalanleger-Musterverfahren, in dem es um Schäden in Milliardenhöhe geht, obsiegt. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschied, dass Porsche bei der Information des Kapitalmarktes über die beabsichtigte Übernahme von VW im Jahr 2008 nicht verwerflich gehandelt hat.

Die Porsche SE hatte ab 2005 ihre Beteiligung an der VW AG ausgebaut und versucht, diese zu übernehmen. Nachdem sie am 26.10.2008 ihre Absicht mitgeteilt hatte, diese Beteiligung bei stimmigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Laufe des Jahres 2009 auf über 75 Prozent zu erhöhen, stieg der Kurs der VW-Stammaktie zeitweilig auf das fünffache seines vorherigen Wertes. Anleger, die auf fallende Kurse gesetzt hatten, erlitten hierdurch – nach ihrem Vortrag – Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Euro.

Ersatz hierfür haben sie zuletzt vor dem Landgericht Hannover eingeklagt. Dieses hat die Verfahren ausgesetzt und dem OLG Celle verschiedene Vorfragen zur Entscheidung vorgelegt. Diese Feststellungsziele das OLG überwiegend zurückgewiesen und damit den Beklagten – der Porsche SE und der VW AG – Recht gegeben.

Die Kläger stützen ihre Ansprüche zum einen darauf, dass Porsche und VW den Kapitalmarkt spätestens ab März 2008 genauer über die Übernahmeabsicht und den Abschluss von Aktienoptionen zur Absicherung und Finanzierung der beabsichtigten Übernahme hätten aufklären müssen. Die Voraussetzungen dieser Ansprüche liegen laut OLG nicht vor. Porsche habe mitgeteilt, seinen Anteil an VW im Laufe des Jahres 2008 auf über 50 Prozent aufstocken zu wollen. Soweit Porsche die Absicht dementiert hatte, insgesamt mehr als 75 Prozent der Aktien erwerben und einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag schließen zu wollen, habe das Unternehmen dies damit erklärt, dass dem die "Realitäten in der Aktionärsstruktur" entgegenstünden. Tatsächlich hätte ein Erwerb von 75 Prozent der Aktien aufgrund von Besonderheiten des so genannten VW-Gesetzes den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht ermöglicht. Auch sei die Finanzierung eines derart weitgehenden Anteilserwerbs noch nicht gesichert gewesen. Vor diesem Hintergrund war es nach Ansicht des OLG zumindest nicht grob unrichtig und nicht verwerflich, dass Porsche mögliche weitergehenden Ziele nicht veröffentlicht hatte.

Das OLG hat dabei eigenen Angaben zufolge eine Vielzahl weiterer Gesichtspunkte berücksichtigt: Porsche habe seine Beteiligung an VW im Einklang mit den gesetzlichen Meldepflichten veröffentlicht. Die von Porsche abgeschlossenen Aktienoptionen, die weitere Aktienkäufe absichern und finanzieren sollten, seien nach damaliger Rechtslage nicht offen zu legen gewesen. Dem Kapitalmarkt sei aber ohnehin bekannt gewesen, dass Porsche solche Optionen in einem großen Umfang besaß. Es sei auch bekannt gewesen, dass Porsche die dargestellte Sonderregelung des VW-Gesetzes politisch bekämpfte. Hieraus habe unter anderem die Wirtschaftspresse auch ohne eine ausdrückliche Bestätigung gefolgert, dass Porsche seinen Anteil an Volkswagen auf deutlich mehr als 50 Prozent ausbauen wolle.

Die Kläger stützen ihre Ersatzansprüche weiter darauf, dass Porsche schließlich am 26.10.2008 seine Übernahme- und Beherrschungsabsicht mitgeteilt hatte. Sie sind der Auffassung, dass Porsche zu diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit mehr gesehen hätte, diese Absichten umzusetzen. Die Mitteilung habe allein dem Zweck gedient, den Kurs der Volkswagen-Aktie explodieren zu lassen, weil ansonsten die Insolvenz gedroht hätte. Auch diese Pressemitteilung war nach der Entscheidung des OLG nicht unrichtig und nicht verwerflich. Die in der Mitteilung dargestellten Umstände hätten zugetroffen. Anhaltspunkte für eine konkret drohende Insolvenz hätten nicht vorgelegen. Auch sonst habe Porsche nicht annehmen müssen, dass die beabsichtigte Übernahme nach damaligem Stand gescheitert gewesen sei. Porsche habe die Mitteilung ausdrücklich unter den Vorbehalt passender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen gestellt. Tatsächlich habe Porsche den mitgeteilten Übernahmeplan in der Folgezeit weiterverfolgt und erst nach einem Vorstandswechsel Mitte 2009 aufgegeben, nachdem sich auch Aussichten auf eine Änderung des VW-Gesetzes zerschlagen hatten.

VW haftet laut OLG bereits deshalb nicht, weil sein Vorstand keine Kenntnis von den Übernahmeplänen hatte und sämtliche Aufsichtsratsmitglieder, die diese Kenntnis aus ihrer Tätigkeit bei Porsche hatten, zur Verschwiegenheit verpflichtet waren.

Der Musterentscheid kann von den Klägern mit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.

Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 30.09.2022, 13 Kap 1/16, nicht rechtskräftig

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