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Geplante Absenkung der Umsatzsteuersätze: Steuerberaterverband befürchtet Chaos

18.06.2020

Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) wettert gegen die geplante kurzfristige Absenkung der Umsatzsteuersätze, die ab 01.07.2020 greifen soll. Die auf ein halbes Jahr beschränkte Umstellung stelle "einen bürokratischen Super-GAU" dar, der zahlreiche Fragen aufwerfe, so der Verband. Er fordert praxisgerechte Lösungen.

Für betroffene Unternehmer und ihre steuerlichen Berater sei es unmöglich, sich in weniger als einem Monat auf die Folgen der Umsatzsteuersatzanpassung einzustellen. Zum einen sei die IT-Umstellung der Rechnungsstellungssysteme, der Buchführungssoftware und der Kassensysteme in dieser kurzen Zeit nicht leistbar. Zum anderen arbeiteten gerade kleine und mittlere Kanzleien als erste Ansprechpartner ihrer Mandanten während der Corona-Krise bereits am Limit. Die Umstellung der Umsatzsteuersätze gehe mit zahlreichen Praxisfragen einher. Der DStV fordert nachdrücklich Abhilfe.

Eine der größten Probleme in der Praxis dürfte nach Ansicht des DStV die rechtzeitige Anpassung der Buchführungssoftware werden. Die gängigen, in der Buchhaltung verwendeten Standardkontenrahmen (bspw. bei der DATEV: SKR 03 und SKR 04) könnten Umsätze zu den "neuen" Steuersätzen noch nicht vollständig abbilden. Hierfür notwendige Konten müssten erst ergänzt werden. Ohne die notwendigen Softwareanpassungen werde die Buchführung brach liegen, sagt der DStV voraus. Sämtliche Umsätze mit manuellen Korrekturbuchungen zu erfassen, wäre absurd. Ein intransparentes Chaos wäre die Folge. An die Erstellung korrekter Umsatzsteuervoranmeldungen sei unter diesen Voraussetzungen nicht zu denken. Der DStV fordert daher dringend, die Frist zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu verlängern.

Auch seien Probleme bei Kassenumstellungen vorprogrammiert, so der Verband weiter. Unternehmer mit Registrierkassen müssten diese äußerst kurzfristig auf die abgesenkten Umsatzsteuersätze umstellen. Hinzu komme, dass digitale Kassen spätestens ab dem 01.10.2020 eine manipulationssichere zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) benötigen. Die Auswirkungen der Absenkung der Umsatzsteuersätze auf die TSE seien noch völlig unklar. Bräuchten Steuerpflichtige für den Zeitraum der abgesenkten Umsatzsteuersätze etwa ein neues Zertifikat? In diesem Fall müssten sie erneut viel Geld in die Hand nehmen. Ferner sei nicht einmal sicher, ob die TSE die neuen, abgesenkten Umsatzsteuersätze technisch verarbeiten kann. Eine kurzfristige Anpassung der technischen Voraussetzungen scheine äußerst ungewiss; besonders vor dem Hintergrund, dass die Zertifizierungsverfahren nach wie vor nicht abgeschlossen sind. Angesicht der ohnehin coronabedingt angespannten Lage in der Bargeldbranche und der unklaren Folgen der Umsatzsteuersatzsenkung auf die TSE fordert der DStV, die bisherige Nichtbeanstandungsregelung zu verlängern. Die TSE sollte erst ab 01.01.2021 verpflichtend sein.

Weiter hätten Unternehmer, die bereits über Leistungen abgerechnet haben, die zwischen Juli 2020 und Jahresende ausgeführt werden, ein Problem: Die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer sei zu hoch. Der Steuersatz richte sich schließlich nach dem Zeitpunkt der Leistungsausführung. Die Leistungen hätten entsprechend mit 16 beziehungsweise fünf Prozent abgerechnet werden müssen. Ohne eine Rechnungsberichtigung schuldeten Unternehmer in diesen Fällen die zu hoch ausgewiesene Steuer. Zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfänger könnten hingegen nur die gesetzliche, also herabgesetzte Vorsteuer geltend machen. Es komme zu einer Lose-Lose-Situation. Der DStV fordert daher eine Übergangsregelung. Im Ergebnis sollte die Besteuerung der bereits abgerechneten Umsätze mit 19 beziehungsweise mit sieben Prozent Umsatzsteuer nicht beanstandet werden. Dem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger sollte aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen Rechnungen gleichfalls ein Vorsteuerabzug in Höhe des ausgewiesenen Steuersatzes (19 beziehungsweise sieben Prozent) gewährt werden. Gleiches sollte zum Jahreswechsel 2020/2021 für die Rückkehr zu den derzeitigen Steuersätzen gelten.

Deutscher Steuerberaterverband, PM vom 15.06.2020

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