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Gemeindemitarbeiter: Kein Anspruch auf finanzielle Abgeltung von tausenden Überstunden

17.07.2023

Ein langjähriger Mitarbeiter der Samtgemeinde Amelinghausen erhält voraussichtlich keine finanzielle Abgeltung für 6.700 Überstunden, die er während seiner Tätigkeit angesammelt hat. Dies geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Lüneburg hervor, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist.

Der Kläger war bei der Beklagten von 1994 bis 2019 zuletzt im Statusamt eines Samtgemeindeoberrats beschäftigt. Er war allgemeiner Vertreter des Samtgemeindebürgermeisters sowie ehrenamtlicher Gemeindedirektor zweier Gemeinden. Während der Dienstzeit des damaligen Samtgemeindebürgermeisters sammelte der Kläger bis 2016 ein Zeitguthaben von insgesamt 6.700 Stunden an. Seinen vor Ende seines Dienstverhältnisses gestellten Antrag auf finanzielle Abgeltung dieser Stunden lehnte die Beklagte ab.

Das VG hat die Klage abgewiesen. Die zum Zeitpunkt des Anfalls der 6.700 Stunden geltende Gesetzeslage biete keine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers. Für einen Anspruch nach § 60 Absatz 3 Niedersächsisches Beamtengesetz (bis zum 31.03.2009 § 80 Absatz 2 NBG aF, im Wesentlichen inhaltsgleich) fehle es an einer dienstlichen Anordnung oder Genehmigung der "Mehrarbeit" in Form eines Verwaltungsaktes. In der bloßen Absprache mit dem damaligen Samtgemeindebürgermeister, wonach der Kläger die Stunden ansammeln und am Ende seiner Dienstzeit in Freizeit ausgleichen könne, liege keine solche Anordnung von Mehrarbeit. Auch die Regelung in Ziffer 7 der Dienst- und Geschäftsanweisung der Beklagten vom 01.09.1997, der zufolge angeordnete Sitzungsteilnahmen außerhalb der üblichen Dienstzeiten grundsätzlich als Überstunden gelten, stelle keine Anordnung von Mehrarbeit im Sinne des § 60 Absatz 3 NBG dar.

Es liege darüber hinaus keine nachträgliche Genehmigung der Mehrarbeit vor, weil eine über viele Jahre hintereinander anfallende, gewissermaßen ständige "Mehrarbeit" keinen Ausnahmefall mehr darstelle und daher nicht genehmigungsfähig sei. Der Kläger habe zudem nicht vorgetragen, dass der vorrangig zu gewährende Freizeitausgleich aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich gewesen sei. Einen Antrag auf Dienstbefreiung habe der Kläger nie gestellt.

Ebenso wenig habe er einen beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch auf Freizeitausgleich oder finanzielle Abgeltung aus Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch). Denn es sei kein treuwidriges Verhalten der Beklagten ersichtlich. Sie habe die vom Kläger geleisteten "Mehrstunden" nicht durch dienstliche Anordnung verlangt. Vielmehr habe der Kläger im Rahmen der Gleitzeitregelung Beginn beziehungsweise Ende der täglichen Arbeitszeit selbst festgelegt und die Überstunden letztendlich – aufgrund des Arbeitsanfalls und auch der gelebten "Kultur" bei der Beklagten – aus eigenem Entschluss heraus erbracht. Außerdem habe sich die Arbeitszeit des Klägers noch im Rahmen der unionsrechtlich zulässigen Höchstarbeitszeit (48 Stunden pro Woche) bewegt.

Schließlich könne der Kläger seinen Anspruch auf finanzielle Abgeltung von 6.700 Stunden nicht auf den im Oktober 2015 eingeführten § 9a Absatz 1 der niedersächsischen Arbeitszeitverordnung in Verbindung mit der am 29.03.2016 getroffenen Dienstvereinbarung zur Einführung von Langzeitarbeitskonten für Beamte und Beschäftigte der Beklagten stützen. Jene Dienstvereinbarung sehe die Verschaffung eines solchen Anspruchs für vor der Einrichtung des Langzeitkontos angesammelte Stunden, für die bisher kein Anspruch auf Freizeit- oder finanziellen Ausgleich aus den beamtenrechtlichen Bestimmungen bestanden habe, grundsätzlich nicht vor.

Vielmehr ergebe sich aus der Präambel der Dienstvereinbarung, dass erst ab dem 01.01.2016 angesparte Arbeitszeit auf das neu eingerichtete Langzeitkonto eingebracht werden könne. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Langzeitkonten, die grundsätzlich eine Ansparphase vorsähen, die aber erst mit Abschluss einer entsprechenden Dienstvereinbarung hinsichtlich der Einrichtung von Langzeitarbeitskonten beginnen könne. Die zwischen dem Kläger und dem damaligen Samtgemeindebürgermeister getroffene Zusatzvereinbarung, in der der Kläger erklärt habe, die bisher angesammelten Zeitanteile in Höhe von 6.700 Dienststunden auf das nun eingerichtete Langzeitarbeitskonto zu verbringen, sei unwirksam, weil bei der Beamtenbesoldung eine strikte Gesetzesbindung gelte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann die Zulassung der Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht beantragen.

Verwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 14.06.2023, 5 A 185/21, nicht rechtskräftig

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