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Gehwegunfall zwischen Fahrradfahrerin und Reiter: Reiter haftet nicht

21.10.2020

Wer selbst verbotswidrig auf dem Gehweg gefahren ist, kann nach einem Unfall dem anderen Unfallbeteiligten einen solchen Verstoß nicht vorwerfen. Wer (mit dem Fahrrad) einen Reiter überholt, muss dabei mindestens 1,5 Meter Abstand einhalten. Dies hat das Landgericht (LG) München I entschieden und die Klage einer verunglückten Fahrradfahrerin gegen einen Reiter abgewiesen.

Die Klägerin fuhr mit dem Fahrrad auf dem Gehweg. Vor ihr ritt der Beklagte, ebenfalls auf dem Gehweg, mit seinem Pferd. Der Gehweg war weder für Fahrräder noch für Reitpferde freigegeben. Die Klägerin näherte sich dem Pferd von hinten und klingelte dabei. Sie setzte nach eigener Darstellung zum Überholen an. Infolge einer Berührung des Vorderreifens des Fahrrads mit dem leicht erhöhten Randstein links neben dem Gehweg stürzte die Klägerin und brach sich dabei den linken Oberschenkelhals.

Sie machte gegen den Beklagten Ansprüche aus Tierhalter- und Tieraufseherhaftung sowie allgemeine deliktische Ansprüche geltend. Unter anderem forderte sie ein Schmerzensgeld nicht unter 25.000 Euro sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Zwischen den Parteien war insbesondere streitig, ob das Pferd während des Überholvorgangs nach links – in Richtung der Klägerin – gezogen war und diese deswegen in Richtung des Randsteins ausweichen hatte müssen.

Das Gericht hörte beide Parteien zum Unfallhergang an. Es war danach nicht überzeugt, dass der Vortrag einer Seite plausibler war als der andere oder dass eine Partei glaubwürdiger war. In dieser Situation entschied das LG zulasten der beweisbelasteten Klägerin (so genanntes non liquet).

Einen Anspruch konnte die Klägerin nach Ansicht des LG auch nicht darauf stützen, dass der Beklagte trotz des Klingelns nicht nach rechts auswich. Denn hierzu habe im konkreten Fall keine Verpflichtung bestanden. Ebenso wenig sei rechtlich entscheidend, dass der Beklagte verbotswidrig auf dem Gehweg geritten sei. Denn das bloße Reiten auf dem Gehweg habe sich letztlich nicht bei der Unfallverursachung ausgewirkt. Da die Klägerin zudem selbst verbotswidrig auf dem Gehweg gefahren sei, habe sie sich auf einen solchen Verkehrsverstoß des Beklagten nicht berufen können.

Das LG merkt schließlich an, dass etwaige Ansprüche der Klägerin im Übrigen wegen der Schwere ihres Mitverschuldens ausgeschlossen wären, weil sie unter Zugrundelegung ihrer Darstellung jedenfalls den Mindestabstand beim Überholen eklatant unterschritten hätte. Zu Pferden ebenso wie zu Radfahrern sei bei einem Überholvorgang regelmäßig ein Mindestabstand von 1,5 bis zwei Meter einzuhalten, um etwa auf plötzliche Reaktionen des Tieres oder Schlenker des Fahrradfahrers reagieren zu können. Ein Abstand von 30 bis 40 Zentimeter genüge jedenfalls nicht.

Landgericht München I, Urteil vom 19.10.2020, 19 O 6004/20, nicht rechtskräftig

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