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Friseurbetriebe: In Niedersachsen keine vorläufige Außervollzugsetzung coronabedingter Schließung

17.02.2021

Vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen sind die Inhaber eines Friseurbetriebs mit seinem Eilantrag gescheitert, die in § 1 Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 der niedersächsischen Corona-Verordnung weiterhin ausgesprochene Schließung von Friseurbetrieben einstweilig außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsteller hatten geltend gemacht, dass in Friseurbetrieben keine Infektionsgefahr bestehe und sich auf die besondere Bedeutung von Friseurbetrieben für die Bevölkerung und die Ungleichbehandlung gegenüber Optikern und Hörgeräteakustikern berufen.

Das OVG Niedersachsen hat den Antrag nach einer Folgenabwägung abgelehnt. Derzeit sei offen, ob § 1 Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 Corona-VO in einem Hauptsacheverfahren für rechtmäßig oder für unwirksam zu erklären sei. Das OVG gehe zwar davon aus, dass die grundsätzliche Anknüpfung der Maßnahmen an eine Sieben-Tage-Inzidenz von 50 unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Infektionsgeschehens als legitimes Ziel anzusehen sei. Im Hinblick auf künftige Verfahren sei allerdings darauf hinzuweisen, dass die Anknüpfung von Öffnungsschritten an eine Sieben-Tage-Inzidenz von höchstens 35, wie es der rechtlich unverbindliche Beschluss der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten vom 10.02.2021 vorsehe, weder mit der Regelung des § 28a Absatz 3 des Infektionsschutzgesetzes übereinstimme noch der tatsächlichen Fähigkeit der Gesundheitsämter zur Kontaktverfolgung entspreche.

Im vorliegenden Fall bestünden aber Zweifel an der Effektivität und damit an der Erforderlichkeit der Betriebsschließungen, da die aus Infektionsschutzgründen deutlich gefährlichere Frisiertätigkeit in den Wohnungen der Kunden durch die niedersächsische Corona-Verordnung nicht untersagt worden sei. Es könne indes auch nicht belegt werden, dass das Weitertragen von Infektionen in einem Friseurbetrieb ausgeschlossen sei. Die flächendeckende Schließung der Friseurbetriebe verhindere zudem einen "Frisiertourismus".

Es lasse sich im vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend klären, ob die einschneidenden Betriebsverbote im Hinblick auf die immer gewichtiger werdenden Nachteile für die betroffenen Betriebsinhaber und deren Beschäftigte sowie die gesamte Volkswirtschaft auf der einen Seite und die Gefährdung der zwar hochwertigen aber verfassungsrechtlich nicht absolut geschützten Rechtsgüter Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems auf der anderen Seite noch angemessen seien.

Der besonderen Bedeutung der Friseurbetriebe für die Bevölkerung habe der Antragsgegner allerdings dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass deren Öffnung zum 01.03.2021 unabhängig von der Erreichung eines Inzidenzwertes vorgesehen sei. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz sei nicht erkennbar. Eine weitergehende Gleichstellung mit medizinischen Dienstleistungen dränge sich nicht auf. Die Ungleichbehandlung der Friseure gegenüber Optikern und Hörgeräteakustikern sei gerechtfertigt, da ein Ausgleich von Hör- oder Sehschwächen – anders als ein Friseurbesuch – essentiell für die Bewältigung des Alltags sei.

Insgesamt überwiege bei einer Folgenabwägung derzeit noch das Interesse an der Vermeidung von Infektions-, Erkrankungs- und Todesfällen, zumal finanzielle Ausgleichsleistungen in Aussicht stünden, die Antragsteller ihre Tätigkeit durch Aufsuchen ihrer Kunden fortsetzen dürften und ein fester Öffnungstermin feststehe, so das OVG abschließend.

Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 15.02.2021, 13 MN 44/21, unanfechtbar

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