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Flugverspätungen: Ausgleichsanspruch bei von unterschiedlichen Airlines durchgeführten direkten Anschlussflügen

10.10.2022

Der Ausgleichsanspruch für Fluggäste wegen großer Verspätung gilt auch bei einem Flug mit direkten Anschlussflügen, bei dem die Flüge von unterschiedlichen ausführenden Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden. Wurden die Flüge von einem Reisebüro kombiniert, das einen Gesamtpreis in Rechnung gestellt und einen einheitlichen Flugschein ausgegeben hat, ist unerheblich, dass zwischen den Luftfahrtunternehmen keine rechtliche Beziehung besteht. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden.

Ein Fluggast erwarb über ein Reisebüro einen elektronischen Flugschein für den 25.07.2018 über drei Flüge für die Strecke Stuttgart – Kansas City. Der erste Flug von Stuttgart nach Zürich wurde von Swiss International Air Lines durchgeführt, während die beiden Flüge von Zürich nach Philadelphia und von Philadelphia nach Kansas City von American Airlines durchgeführt wurden. Auf den Bordkarten für diese Flüge war die Nummer des elektronischen Flugscheins verzeichnet. Außerdem waren die American Airlines auf dem Flugschein als Dienstleistungserbringerin angegeben und der Flugschein war mit einer einheitlichen Buchungsnummer für die gesamte Strecke versehen. Darüber hinaus stellte das Reisebüro eine Rechnung aus, die einen Gesamtpreis für die gesamte Strecke sowie für den Rückflug auswies.

Die Flüge von Stuttgart nach Zürich und von Zürich nach Philadelphia fanden planmäßig statt. Der Flug von Philadelphia nach Kansas City dagegen war bei der Ankunft um mehr als vier Stunden verspätet.

Vor den deutschen Gerichten klagte flightright, eine Gesellschaft für Rechtshilfe für Fluggäste, an die die durch diese Verspätung entstandenen Ansprüche abgetreten worden waren, gegen American Airlines auf eine Ausgleichszahlung von 600 Euro nach der Verordnung Nr. 261/2004 über Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen. Der mit der Sache befasste Bundesgerichtshof hat dem EuGH Fragen zur Auslegung dieser Verordnung vorgelegt.

Der EuGH hat zunächst zum Begriff "direkte Anschlussflüge" entschieden, dass dieser einen Beförderungsvorgang mit Ausgangspunkt in einem Mitgliedstaat erfasst, der aus mehreren Flügen besteht, die von unterschiedlichen, nicht durch eine rechtliche Beziehung miteinander verbundenen ausführenden Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden, wenn diese Flüge von einem Reisebüro zusammengefasst wurden, das für diesen Vorgang einen Gesamtpreis in Rechnung gestellt und einen einheitlichen Flugschein ausgegeben hat. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass der Begriff "direkte Anschlussflüge" so zu verstehen sei, dass er zwei oder mehr Flüge bezeichnet, die für die Zwecke des in der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehenen Ausgleichsanspruchs von Fluggästen eine Gesamtheit darstellen. Eine solche Gesamtheit liege vor, wenn die Flüge Gegenstand einer einzigen Buchung waren.

Im vorliegenden Fall habe der Fluggast über einen Flugschein verfügt, der einen Beleg dafür darstellte, dass die Buchung der gesamten Reise von Stuttgart nach Kansas City von einem Reiseunternehmen akzeptiert und registriert worden war. Bei einem solchem Beförderungsvorgang ist laut EuGH davon auszugehen, dass er auf einer einzigen Buchung beruht, sodass es sich um "direkte Anschlussflüge" handelt.

Die Flüge, um die es vorliegend gehe, seien von unterschiedlichen ausführenden Luftfahrtunternehmen, nämlich Swiss International Air Lines und American Airlines, durchgeführt worden, zwischen denen keine rechtliche Beziehung bestand. Der EuGH stellt fest, dass die Verordnung über Ausgleichsleistungen für Fluggäste keine Bestimmung enthält, wonach die Einstufung als Flug mit direkten Anschlussflügen davon abhängt, dass eine besondere rechtliche Beziehung zwischen den ausführenden Luftfahrtunternehmen besteht, die die einzelnen Flüge, aus denen sich der Flug zusammensetzt, durchführen. Eine solche zusätzliche Bedingung würde dem Ziel der Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für Fluggäste zuwiderlaufen, da dadurch namentlich deren Ausgleichsanspruch bei großer Verspätung ihres Fluges beschränkt werden könnte.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 06.10.2022, C-436/21

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