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Feine Lackschäden erst auf Heimfahrt gesehen: Kfz-Händlerin haftet trotz "Abnahme-Erklärung"
Ein Kfz-Käufer kann trotz unterzeichneter "Abnahme-Erklärung" einen Anspruch auf Kaufpreisminderung haben, wenn er erst nach Übergabe entdeckte Lackschäden nachträglich geltend macht. Dies zeigt ein vom Landgericht (LG) Köln entschiedener Fall.
Eine Frau bestellte bei einer Kfz-Händlerin ein fabrikneues Fahrzeug. Anlässlich der Übergabe des Kfz unterschrieb sie eine "Abnahme-Erklärung", nach der "etwaige Reklamationen" sofort bei Übernahme des Fahrzeuges geltend zu machen sind. Einen Tag später teilte die Käuferin der Händlerin mit, dass ihr auf der Rückfahrt feine Kratzer im Lack des Kfz aufgefallen seien. Diese seien bei der Übergabe nicht zu sehen gewesen, weil das Fahrzeug im Schatten des überdachten Eingangsbereichs zum Verkaufsraum gestanden habe.
Zwei Wochen später rügte die Frau zudem Lackschäden durch Vogelkot. Die Kfz-Händlerin möge die Lackerscheinungen kostenfrei beseitigen. Weil diese dem nicht nachkam, klagte die Käuferin. Das LG Köln gab der auf Zahlung von 4.000 Euro gerichteten Klage nur teilweise, nämlich in Höhe von 1.000 Euro, statt.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe festgestellt, dass an der Fahrzeuglackierung sowohl eine Hologrammbildung/Polierschlieren durch einen nicht fachgerechten Poliervorgang als auch Lackschädigungen durch Vogelkot beständen – beides entspreche keiner fehlerfreien Lackoberfläche gemäß Werkslackierung. Allerdings stehe nur hinsichtlich der Polierschlieren fest, dass diese – wie gesetzlich notwendig – bereits bei Gefahrübergang, also bei Fahrzeugübergabe, vorgelegen haben und eine spätere Entstehung im Herrschaftsbereich der Käuferin ausgeschlossen werden könne.
Insoweit greife zugunsten der Käuferin die gesetzliche Vermutung des § 477 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein. Diese Vorschrift sei bei einem Kauf durch einen Verbraucher anwendbar, sofern sich innerhalb von sechs Monaten (seit 01.12.2022: innerhalb eines Jahres) seit Übergabe Mangelerscheinungen gezeigt haben. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei die Vermutung aber mit der Art des Mangels unvereinbar, wenn es sich um äußerliche Beschädigungen der Kaufsache handele, die auch dem fachlich nicht versierten Käufer auffallen müssten. Denn in einem solchen Fall sei zu erwarten, dass der Käufer den Mangel bei der Übergabe beanstandet.
Davon könne hier aber hinsichtlich der nur schwer erkennbaren Polierschlieren gerade nicht ausgegangen werden. Daher sei vorliegend die Beklagte beweisbelastet, dass die Polierschlieren erst nach Übergabe des Fahrzeugs entstanden seien. Entsprechender Beweis sei ihr trotz Vernehmung der angebotenen Zeugen nicht gelungen.
Anders bewertet dies das LG dagegen hinsichtlich der Schäden durch Vogelkot. Insoweit komme der Käuferin die Vermutung nach den obigen Grundsätzen nicht zugute, da es sich um einen so offensichtlichen Mangel handele, dass § 477 BGB nicht greife. Die hinsichtlich des Entstehungszeitpunkts dieses Mangels damit beweisbelastete Klägerin trage aber selbst vor, den Vogelkot erstmals etwa zwei Wochen nach Übergabe bemerkt zu haben, während sie ihn bei Übergabe des Fahrzeuges trotz der zu diesem Zeitpunkt sehr sorgfältigen Besichtigung offenbar noch nicht bemerkt hatte. Es könne deshalb durch das Gericht nicht ausgeschlossen werden, dass diese Lackschäden erst nach Abholung des Fahrzeugs und in der Obhut der Käuferin entstanden sind.
Gewährleistungspflichtig sei die Händlerin daher nur für die Lackschäden in Form von Polierspuren. Ein Gewährleistungsausschluss sei nicht wirksam vereinbart. Bei der "Abnahme-Erklärung" handele es sich um ein von der Händlerin vorformuliertes Formular, weshalb sich die Vereinbarung inhaltlich an den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen messen lassen müsse. Dies führe zur Unwirksamkeit der Klausel wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 8 b) aa) BGB.
Die geschuldete Kaufpreisminderung für die vorhandenen Polierschlieren sei auf 1.000 Euro zu bemessen.
Landgericht Köln, Entscheidung vom 23.11.2023, 36 O 311/20, nicht rechtskräftig