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Ex-Leiter eines Straßenverkehrsamtes: Keine Aberkennung des Ruhegehalts wegen Veräußerung entwerteter Kfz-Schilder
Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts (VG) Hannover hat die Klage eines Landkreises gegen den ehemaligen Leiter seines Straßenverkehrsamtes auf Aberkennung seines Ruhegehaltes abgewiesen. Das dem Beamten vorzuwerfende Verhalten (Veräußerung entwerteter Kfz-Schilder) rechtfertige eine solche Maßnahme nicht.
Der 1953 geborene Beamte stand seit 1969 – 46 Jahre – im Dienst des Landkreises, zuletzt als Kreisamtsrat. Im Juni 2002 wurde ihm die Leitung des Straßenverkehrsamtes übertragen. Seit September 2015 befindet sich der Beamte im Ruhestand.
Der Landkreis hat dem Beamten ein dienstrechtliches Fehlverhalten während seiner aktiven Dienstzeit und als Ruhestandsbeamter vorgeworfen. Dabei ging es insbesondere um den Umgang mit entwerteten Kfz-Schildern, die von Kunden in der Zulassungsstelle zurückgelassen wurden. Die Schilder wurden über viele Jahre von Mitarbeitern der Zulassungsstelle an einen Schrotthändler verkauft beziehungsweise durch den Beklagten auf eBay veräußert. Mit den erzielten Einnahmen wurden gemeinsame Veranstaltungen der Mitarbeiter der Zulassungsstelle wie Weihnachtsfeiern und Grünkohlessen finanziert.
Der Landkreis meint, der Beamte habe durch sein Verhalten schuldhaft seine Pflichten als Beamter verletzt, weil die entwerteten Schilder im Eigentum des Landkreises stünden und der Beamte nicht hätte darüber verfügen und es auch nicht hätte zulassen dürfen, dass seine Mitarbeiter die Kennzeichen verkaufen.
Auch die Disziplinarkammer meint, dass der Beamte durch sein Verhalten Dienstpflichten verletzt hat, weil die von Kfz-Haltern in der Zulassungsstelle zurückgelassenen Nummernschilder nicht etwa den Mitarbeitern der Zulassungsstelle übereignet, sondern in das Eigentum des Landkreises übergegangen sind und die Mitarbeiter der Zulassungsstelle, auch der Beamte, nicht darüber hätten verfügen dürfen. Der Beamte hätte es auch in seiner Stellung als Leiter des Straßenverkehrsamtes nicht zulassen dürfen, dass Mitarbeiter Zuwendungen wie Trinkgelder für die "Kaffeekasse" annehmen, aus der Gemeinschaftsveranstaltungen bezahlt wurden. Der Beamte habe deshalb gegen die Pflicht zu einem uneigennützigen Verhalten verstoßen. Die ihm außerdem vorgeworfenen Verstöße als Ruhestandsbeamter (unter anderem gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken) konnte das VG nicht feststellen.
Trotz der festgestellten Dienstpflichtverletzung habe die Klage des Landkreises auf Aberkennung des Ruhegehalts aber keinen Erfolg. In formeller Hinsicht sei keine Schlussanhörung erfolgt und der Kreisausschuss sei nicht an der Disziplinarklage beteiligt worden. In materieller Hinsicht rechtfertige das Fehlverhalten des Beamten nicht die Verhängung einer schwerwiegenden Disziplinarmaßnahme.
Die Praxis, entwertete Nummernschilder für wenige Euro, zum Teil auch nur Cent-Beträge, zu veräußern und die dabei erzielten Einnahmen für Gemeinschaftsveranstaltungen zu verwenden, habe nach den Feststellungen des VG seit mehreren Jahrzehnten bestanden. Der Beamte habe die von seinen Vorgängern geübte Praxis, ohne deren Rechtmäßigkeit zu hinterfragen, fortgeführt. Dabei habe er ohne Eigennutz und "kriminelle Energie" gehandelt, sondern jede dieser Einnahmen dokumentiert und quittiert und ohne Unrechtsbewusstsein gehandelt.
Es fehlte laut VG auch an klaren innerdienstlichen Weisungen, wie mit den zurückgelassenen Kfz-Kennzeichen umzugehen ist. Der dem Landkreis entstandene Schaden sei gering. Deshalb wäre nach Auffassung der Disziplinarkammer gegen den Beamten allenfalls ein Verweis oder eine Geldbuße gerechtfertigt gewesen. Weil gegen Ruhestandsbeamte nach den Regelungen des Niedersächsischen Disziplinargesetzes mildere Disziplinarmaßnahmen wie Geldbuße oder Verweis allerdings nicht zulässig sind, hat das VG die Klage des Landkreises in vollem Umfang abgewiesen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil ist die Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zulässig.
Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 09.01.2024, 18 A 2078/22, nicht rechtskräftig