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Europäischer Haftbefehl: Grundsätzlich auch Mutter von Kleinkindern auszuliefern

22.12.2023

Die Übergabe einer gesuchten Person aufgrund eines Europäischen Haftbefehls darf nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil sie Mutter von Kleinkindern ist. Nur im Fall systemischer oder allgemeiner Mängel im Ausstellungsmitgliedstaat und wenn die Gefahr besteht, dass die Grundrechte der betroffenen Personen verletzt werden, darf die Übergabe ausnahmsweise abgelehnt werden, so der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Eine Frau wird in Belgien wegen Menschenhandels und der Beihilfe zur illegalen Einwanderung in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ein belgisches Gericht erlässt zur Vollstreckung dieser Strafe einen Europäischen Haftbefehl gegen sie. Einige Monate später wird in sie in Italien festgenommen. Bei ihrer Festnahme ist sie schwanger und in Begleitung ihres fast drei Jahre alten Sohnes.

Das mit der Vollstreckung dieses Europäischen Haftbefehls befasste italienische Gericht erhält vom belgischen Gericht keine Informationen darüber, wie in Belgien eine Strafe für Mütter, die mit ihren minderjährigen Kindern zusammenleben, vollstreckt wird. Es lehnt die Übergabe ab.

Der mit der Sache befasste italienische Kassationsgerichtshof fragt den EuGH, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das italienische Gericht die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls in einem solchen Fall ablehnen kann, der im Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl bei den Gründen, aus denen die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls abgelehnt werden kann, nicht genannt wird.

Laut EuGH darf das Gericht die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls nicht allein deshalb ablehnen, weil die gesuchte Person Mutter von Kleinkindern ist, die mit ihr zusammenleben. Im Hinblick auf den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten bestehe nämlich eine Vermutung dafür, dass die Haftbedingungen einer Mutter von Kleinkindern im Ausstellungsmitgliedstaat des Europäischen Haftbefehls einer solchen Situation angepasst sind.

Die Übergabe der betreffenden Person könne allerdings ausnahmsweise abgelehnt werden, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die aufgrund systemischer oder allgemeiner Mängel in Bezug auf die Haftbedingungen von Müttern von Kleinkindern und in Bezug auf die Bedingungen der Betreuung ihrer Kinder im Ausstellungsmitgliedstaat des Europäischen Haftbefehls das Bestehen einer tatsächlichen Gefahr der Verletzung des Grundrechts der Mutter auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens und der Verletzung des Wohls ihrer Kinder belegen und ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffenden Personen in Anbetracht ihrer persönlichen Situation aufgrund solcher Bedingungen einer solchen Gefahr ausgesetzt sein werden

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 21.12.2023, C-261/22

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-488/21 | Chief Appeals Officer u. a.

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