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EU-Bürger: Kindergeldanspruch kann sich aus abgeleitetem Freizügigkeitsrecht und Gleichbehandlungsgebot ergeben

11.01.2024

Ein Anspruch auf Kindergeld eines EU-Staatsbürgers kann sich aus dem so genanntem abgeleiteten Freizügigkeitsrecht nach Artikel 10 VO 492/2011 und dem Gleichbehandlungsgebot nach Artikel 7 Absatz 2 VO 492/2011 ergeben. Dies hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf entschieden.

Das FG hatte die Unionsrechtskonformität einer 2019 in das Einkommensteuergesetz eingefügten kindergeldrechtlichen Regelung zu beurteilen.

Der Kläger lebte gemeinsam mit seiner schulpflichtigen Tochter und der Kindsmutter in einem Haushalt und nahm die elterliche Sorge für seine Tochter tatsächlich wahr. Er war von März 2021 bis Ende Oktober 2022 als Arbeitnehmer beschäftigt. Nachdem er mit Wirkung zum Ende Oktober (aus betrieblichen Gründen) gekündigt worden war, bezog er seitdem ausschließlich Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch. Vor dem Hintergrund der fehlenden Erwerbstätigkeit des Klägers hob die beklagte Familienkasse daraufhin die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter ab Dezember 2022 auf.

Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren bestand der Kläger auf seinem Kindergeldanspruch, da seine Tochter erst zwölf Jahre alt sei. Die Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück, weil die von ihr angeforderten Unterlagen nicht nachgereicht worden seien und keine von § 62 Einkommensteuergesetz (EStG) geforderte Freizügigkeitsberechtigung erkennbar sei.

Das FG gab der Klage statt. Die den Kindergeldanspruch aufrechterhaltenden Voraussetzungen nach § 62 Absatz 1a Satz 3 EStG erfülle der Kläger zwar nicht; insbesondere lasse sich im Streitzeitraum keine freizügigkeitsbegründende Erwerbstätigkeit oder Arbeitssuche des Klägers feststellen. Sein Anspruch auf Kindergeld begründe sich im Streitzeitraum jedoch aus einem so genannten abgeleiteten Freizügigkeitsrecht nach Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 und einem damit einhergehenden Gleichbehandlungsgebot nach Artikel 7 Absatz 2 VO 492/2011. Maßgeblich sei allein, dass seinem Kind ein Aufenthaltsrecht nach Artikel 10 VO 492/2011 zustehe und der Elternteil, der die elterliche Sorge tatsächlich wahrnehme, beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen sei. Unerheblich sei, ob ausreichende Existenzmittel und umfassender Krankenversicherungsschutz vorlägen.

Aus den unionsrechtlichen Ansprüchen auf Gleichbehandlung folge, dass dem Kläger ein Anspruch auf Kindergeld zustehe. § 62 Absatz 1a Satz 3 EStG sei nicht mit dem Unionsrecht vereinbar, soweit grundsätzlich Kindergeldberechtigte, die nur ein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht nach Artikel 10 VO 492/2011 haben – wie im vorliegenden Fall –, vom Kindergeldanspruch ausgeschlossen wären. Da die Regelung des § 62 Absatz 1a Satz 3 EStG somit im konkreten Fall nicht anzuwenden sei, stehe sie dem Kindergeldanspruch des Klägers nicht entgegen.

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2023, 9 K 1192/23 Kg, nicht rechtskräftig

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