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Erwerber insolventen Betriebs: Haftet für Betriebsrenten nur zeitanteilig

28.01.2021

Der Erwerber eines Betriebs in der Insolvenz haftet nach § 613a Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für Ansprüche der übergegangenen Arbeitnehmer auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur zeitanteilig für die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgelegte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Für die Leistungen, die auf Zeiten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhen, haftet er nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch dann nicht, wenn für diesen Teil der Betriebsrente nach dem Betriebsrentengesetz der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) – der gesetzlich bestimmte Träger der Insolvenzsicherung – nicht vollständig eintritt.

Den beiden Klägern sind Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden. Nach der Versorgungsordnung berechnet sich ihre Betriebsrente nach der Anzahl der Dienstjahre und dem – zu einem bestimmten Stichtag vor dem Ausscheiden – erzielten Gehalt. Über das Vermögen ihrer Arbeitgeberin wurde am 01.03.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im April 2009 ging der Betrieb nach § 613a Absatz 1 BGB auf die Beklagte über.

Einer der Kläger erhält seit August 2015 von der Beklagten eine Betriebsrente von circa 145 Euro und vom PSV eine Altersrente von circa 817 Euro. Bei der Berechnung legte die Beklagte zwar die Versorgungsordnung einschließlich des zum maßgeblichen Stichtag vor dem Versorgungsfall bezogenen höheren Gehalts zugrunde, ließ aber den Anteil an der Betriebsrente, der vor der Insolvenz erdient war, außer Betracht. Der PSV setzte dagegen – wie im Betriebsrentengesetz vorgesehen – das zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgebliche niedrigere Gehalt des Klägers an. Der Kläger hält die Beklagte für verpflichtet, ihm eine höhere Betriebsrente zu gewähren. Diese müsse sich nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung auf der Basis des höheren Gehalts unter bloßem Abzug des Betrags errechnen, den er vom PSV erhalte.

Der andere Kläger verfügte bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht über eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft. Daher steht ihm bei Eintritt eines Versorgungsfalls nach dem Betriebsrentengesetz kein Anspruch gegen den PSV zu. Er hält die Beklagte für verpflichtet, ihm künftig eine Betriebsrente in voller Höhe zu gewähren. Die Vorinstanzen haben die Klagen abgewiesen.

Die Revisionen der Kläger hatten keinen Erfolg. Nach der – im Hinblick auf die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts einschränkenden – Auslegung des § 613a Absatz 1 BGB durch die deutschen Arbeitsgerichte könnten die Kläger mit ihren Klagebegehren nicht durchdringen, so das BAG. Danach hafte ein Betriebserwerber in der Insolvenz nicht für Betriebsrentenanwartschaften, die im Sinne des § 108 Absatz 3 Insolvenzordnung für die Zeit vor Insolvenzeröffnung entstanden sind. Diese Rechtsprechung sei – wie der Europäische Gerichtshof entschieden habe (Urteil vom 09.09.2020, C-674/18 und C-675/18 ) – mit Unionsrecht vereinbar. Sie rechtfertige sich nach der allgemeinen Regelung des Artikels 3 Absatz 4 Richtlinie 2001/23/EG, der auch neben den nur in der Insolvenz geltenden Bestimmungen in deren Artikel 5 anwendbar bleibe. Voraussetzung sei, dass ein Artikel 8 Richtlinie 2008/94/EG entsprechender Mindestschutz gewährt wird. Dieser unionsrechtlich gebotene Mindestschutz werde in der Bundesrepublik durch einen unmittelbar aus dem Unionsrecht folgenden und gegen den PSV gerichteten Anspruch gewährleistet. Eine Haftung des Erwerbers scheidet laut BAG deshalb aus.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2021, 3 AZR 139/17

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