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Erschießung nächtlichen Einbrechers: Muss neu verhandelt werden

02.06.2022

Die Erschießung eines nächtlichen Einbrechers durch einen alkoholkranken Mann in Lübeck muss strafrechtlich noch einmal neu verhandelt und bewertet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und das auf Totschlag lautende Urteil des Landesgerichts (LG) Lübeck aufgehoben, das eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren vorgesehen hatte. Der BGH beanstandete die vom LG vorgenommene Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten.

Nach den Urteilsfeststellungen brachen zwei Freunde in der Nacht vom 29. auf den 30.12.2020 in ein vermeintlich leerstehendes verwahrlostes Haus ein. Dort lebte der alkoholabhängige Angeklagte, ein ehemaliger Unteroffizier der Bundeswehr, sozial völlig zurückgezogen in mit Müll und Unrat vollgestellter Umgebung. Der Angeklagte, der in seinem Haus auch Schusswaffen und Munition aufbewahrte, war nach zwei Tagen Alkoholentzug noch wach und überraschte die Einbrecher gegen 3.30 Uhr. Als sie flohen, setzte er nach und schoss einem der beiden dreimal in den Rücken, wodurch dieser später verstarb.

Das Landgericht (LG) ist entgegen der Auffassung der psychiatrischen Sachverständigen von einer uneingeschränkt erhalten gebliebenen Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit ausgegangen, hat eine Rechtfertigung wegen Notwehr verneint und die Voraussetzungen des § 33 Strafgesetzbuch (StGB – Überschreitung der Notwehr) wegen des planvollen Vorgehens des Angeklagten nicht geprüft.

Der BGH hat die Prüfung der Schuldfähigkeit beanstandet, weil sich das LG nicht rechtsfehlerfrei mit der Diagnose der Sachverständigen auseinandergesetzt habe, wonach der Angeklagte an einer alkoholbedingten organischen Wesensveränderung (krankhafte seelische Störung) leidet, die sich auch durch Verminderung hemmender psychischer Mechanismen auszeichne. Zudem seien die Auswirkungen des zweitägigen Entzuges nicht berücksichtigt worden. Diese Mängel schlügen auf den Schuldspruch durch, weil eine Neubewertung der psychischen Verfasstheit des Angeklagten auch zu einer neuen Prüfung von § 33 StGB Anlass geben könne. Die Sache müsse deshalb noch einmal neu verhandelt und entschieden werden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.05.2022, 5 StR 99/22

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