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Erloschenes Patent: Nichtigkeitsklage erfordert Rechtsschutzbedürfnis

25.07.2022

Ein Patent, das nicht mehr in Kraft steht, kann nur dann mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden, wenn hierfür ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers besteht. Dies stellt der Bundesgerichtshof (BGH) klar.

Der Beklagte war Inhaber eines deutschen Patents, das ein Verfahren zur embryonenerhaltenden Gewinnung pluripotenter Stammzellen betrifft. Der klagende Verein macht geltend, das Patent hätte nach § 2 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 Patentgesetz (PatG) nicht erteilt werden dürfen, soweit es auch menschliche Blastocysten (ein bestimmtes Entwicklungsstadium der Embryogenese, in dem bei Menschen und Säugetieren die Einnistung in die Gebärmutter erfolgt) erfasse.

Während des Verfahrens des ersten Rechtszugs vor dem Bundespatentgericht ist das Streitpatent dadurch erloschen, dass der Beklagte die für die Aufrechterhaltung jährlich zu zahlende Gebühr nicht entrichtet hat (§ 20 PatG). Das Patentgericht hat die Klage daraufhin als unzulässig abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung.

Die Berufung blieb erfolglos. Entscheidend dafür war laut BGH, dass das angegriffene Patent nicht mehr in Kraft steht.

Die Klage auf Nichtigerklärung eines Patents sei als Popularklage ausgestaltet. Ein Patent könne also grundsätzlich von jedermann angegriffen werden. Dem liege die Erwägung zugrunde, dass es im allgemeinen Interesse liegt, dass zu Unrecht erteilte Schutzrechte beseitigt werden. Ist das Patent jedoch – wie hier – erloschen, entfalle dieses Allgemeininteresse. Ab diesem Zeitpunkt sei eine Nichtigkeitsklage nach der Rechtsprechung des BGH nur noch zulässig, wenn der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis hat. Die Rechtsprechung bejahe ein solches Rechtsschutzbedürfnis insbesondere dann, wenn der Kläger damit rechnen muss, dass er wegen Verletzungshandlungen in der Vergangenheit aus dem damals noch bestehenden Patent in Anspruch genommen wird.

Ein solches Rechtsschutzbedürfnis habe der Kläger nicht. Das allgemeine Interesse an der Sicherung gesetzeskonformer Erteilungspraxis des Patentamts genüge insoweit nicht. Auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben ergebe sich nichts anderes, so der BGH. Die Verfassung gewährleiste, dass demjenigen, der geltend machen kann, durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein, der Rechtsweg offensteht (Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 Grundgesetz). Dagegen sei es verfassungsrechtlich nicht geboten, jedermann das Recht einzuräumen, im Interesse der Allgemeinheit gegen (vermeintlich) rechtswidrige staatliche Maßnahmen vorzugehen.

Darüber hinaus liege eine Beeinträchtigung der Rechte des Klägers durch die Erteilung des inzwischen erloschenen Patents nicht vor, weil davon keine ihn betreffenden Rechtswirkungen (mehr) ausgehen. Jedenfalls insofern unterscheide sich der Streitfall von dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24.03.2021 (1 BvR 2656/18 und andere) zum Rechtsschutz gegen unzureichende Klimaschutzmaßnahmen zugrunde liegenden Fall. Dort habe das BVerfG eine Beschwerdebefugnis insoweit bejaht, als es die Verletzung der Grundrechte der Beschwerdeführenden für möglich gehalten hat. Eine solche Möglichkeit bestehe aus den genannten Gründen im Streitfall nicht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.07.2022, X ZR 110/21

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