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Erbschaftsteuerfestsetzung gegen unbekannte Erben: Ist möglich

20.10.2020

Auch unbekannte Erben können zur Erbschaftsteuer herangezogen werden. Dies gilt nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) zumindest dann, wenn ausreichend Zeit bestand, die wahren Erben zu ermitteln, dies aber nicht gelungen ist.

Im Streitfall war die Erbengemeinschaft nach dem im Februar 2014 verstorbenen Erblasser zunächst nicht ermittelbar. Es wurde ein Nachlasspfleger bestellt. Dieser gab eine Erbschaftsteuererklärung ab. Circa 14 Monate nach dem Tod des Erblassers setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer gegen "unbekannte Erben" fest. Es schätzte, dass 20 Personen, die nicht näher mit dem Erblasser verwandt waren und deshalb in die Steuerklasse III fielen, den Erblasser zu gleichen Teilen beerbt hätten. Der Bescheid wurde dem Nachlasspfleger bekannt gegeben. Dieser legte dagegen in Vertretung der unbekannten Erben Einspruch ein und monierte, dass er nicht ausreichend Zeit gehabt hätte, die Erben zu ermitteln. Das Finanzamt könne nicht einfach schätzen, wie viele Erben etwas geerbt hätten und wie hoch die Freibeträge seien. Daraufhin änderte das Finanzamt die Anzahl der Erwerber auf 30 Erben ab. Ansonsten hielt es die Erbschaftsteuerfestsetzung unverändert aufrecht.

Das Finanzgericht und der BFH gaben der Finanzbehörde Recht. Sind die Erben noch nicht bekannt und ist eine Nachlasspflegschaft angeordnet, könne Erbschaftsteuer gegen die "unbekannten Erben" festgesetzt werden. Bei diesen handele es sich zunächst um ein abstraktes Subjekt, das sich später als eine oder mehrere reale Personen herausstellen kann. Somit sei ein Schuldner für die Erbschaftsteuer vorhanden. Das Finanzamt könne sich an den bestellten Nachlasspfleger wenden, der für die unbekannten Erben eine Erbschafsteuererklärung abzugeben habe. Das Finanzamt dürfe dann die Anzahl der Erben, die Erbquoten, die Zugehörigkeit zu einer Steuerklasse und die anwendbaren Freibeträge schätzen. Voraussetzung sei jedoch, dass der Nachlasspfleger nach dem Erbfall ausreichend Zeit hatte, zunächst die Erben zu ermitteln. Wieviel Zeit ihm dafür einzuräumen ist, könne von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Im Allgemeinen gilt laut BFH die Faustregel, dass ein Jahr ausreichend ist.

Ruft der Nachlasspfleger das Finanzgericht (FG) an, müsse dieses die Schätzung des Finanzamtes voll überprüfen. Können die zunächst unbekannten Erben bis zum Schluss des Gerichtsverfahrens ermittelt werden, dürfe die Erbschafsteuer aber nicht mehr gegen die unbekannten Erben festgesetzt werden. Werden die Erben auch im Verfahren vor dem FG nicht ermittelt, könne das Gericht die Erbschaftsteuerschätzung gegen die unbekannten Erben aufrechterhalten und als seine eigene übernehmen. Der BFH sei in solchen Fällen dann ebenfalls an die Schätzung gebunden und könne sie nur auf grobe Fehler überprüfen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.06.2020, II R 40/17

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