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Erbschaftsteuer bei Berliner Testament: Jastrowsche Klausel kann ungünstig sein

29.02.2024

Setzen Ehegatten in einem so genannten Berliner Testament ein erst später fälliges Vermächtnis für die Kinder aus, die beim Tod des Erstverstorbenen ihren Pflichtteil nicht fordern (so genannte Jastrowsche Klausel), kann der überlebende Ehegatte als Erbe des erstversterbenden Ehegatten die Vermächtnisverbindlichkeit nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen, da das Vermächtnis noch nicht fällig ist. Das berechtigte Kind hat den Erwerb des betagten Vermächtnisses beim Tod des länger lebenden Ehegatten zu versteuern. Ist es aufgrund der Anordnung des Berliner Testaments auch Schlusserbe nach dem länger lebenden Ehegatten geworden, kann es bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs von dem überlebenden Ehegatten die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Im Streitfall errichteten die Eltern der Klägerin zunächst ein so genanntes Berliner Testament. Mit diesem in der Praxis häufig vorkommenden Testament setzten sich die Eltern gegenseitig zu Alleinerben ein, wobei der überlebende Ehegatte über den Nachlass und sein eigenes Vermögen frei verfügen konnte. Als Erben des überlebenden Ehegatten setzten die Eheleute die Klägerin und drei ihrer Schwestern ein. Ein Bruder und eine weitere Schwester wurden enterbt. Überdies enthielt das Testament eine so genannte Jastrowsche Klausel. Diese regelte, dass für den Fall, dass eines der Kinder nach dem Tod des zuerst sterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangt, dieses Kind auch vom Nachlass des zuletzt sterbenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten soll. Diejenigen Erben, die den Pflichtteil beim Tod des Erstverstorbenen nicht fordern, sollten bei Tod des länger lebenden Ehegatten aus dem Nachlass des Erstverstorbenen ein erst beim Tod des länger lebenden Ehegatten fälliges Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils erhalten.

Die enterbten Geschwister der Klägerin machten nach dem Tod des erstverstorbenen Vaters ihren Pflichtteil geltend. Die Klägerin erwarb daher beim Tod des Vaters ein entsprechendes Vermächtnis, dass mit dem Tod der Mutter fällig wurde.Nachdem auch die Mutter verstorben war, setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer für den Erwerb nach der Mutter fest. Das Vermächtnis rechnete es weder dem Erwerb hinzu noch wurde es als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebracht. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, das Vermächtnis sei bei ihr doppelt hinzugerechnet worden und deshalb als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Der BFH schloss sich dieser Auffassung an und verneinte, dass im Streitfall das Vermächtnis bei der Klägerin doppelt besteuert worden sei. Der Wert des Vermächtnisses sei zunächst einmal besteuert worden, nämlich nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin. Da das Vermächtnis zwar damals bereits entstanden war, aber erst bei dem Tod der Mutter fällig wurde, sei der Nachlass des Vaters ungeschmälert, das heißt einschließlich des Vermögens, aus dem das Vermächtnis zu erfüllen war, auf die Mutter übergegangen. Die Mutter habe die Vermächtnisverbindlichkeit bei ihrem Erbe nicht in Abzug bringen können, weil sie mangels Fälligkeit diese Schuld nicht zu begleichen hatte. Nach dem Tod der Mutter habe die Klägerin das jetzt fällig gewordene Vermächtnis versteuern müssen. Als Schlusserbin habe bei ihr außerdem der Nachlass nach der Mutter der Erbschaftsteuer unterlegen. Dort habe sie die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen können. Das Vermächtnis habe bei der Klägerin daher nur einmal der Besteuerung unterlegen.

Dass bezüglich des betagten Vermächtnisses im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer entsteht – einmal (ohne Abzugsmöglichkeit als Nachlassverbindlichkeit) bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal bei der Klägerin nach dem Tod der Mutter – sei für die Steuerpflichtigen zwar ungünstig, aus rechtlicher Sicht aber nicht zu beanstanden, betont der BFH. Es liege an der Verwendung der Jastrowschen Klausel, die – um den überlebenden Ehegatten mit ausreichend Liquidität auszustatten – das Vermächtnis zwar bei Tod des Erstverstorbenen anfallen, aber erst bei Tod des länger lebenden Ehegatten fällig werden lässt.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.10.2023, II R 34/20

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