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Erben: Haben Anspruch auf Zugang zu Benutzerkonto der Verstorbenen bei sozialem Netzwerk
Ist die Betreiberin eines sozialen Netzwerks dazu verurteilt worden, den Erben einer Nutzerin Zugang zu deren vollständigen Benutzerkonto zu gewähren, so muss sie den Erben die Möglichkeit einräumen, vom Konto und dessen Inhalt auf dieselbe Weise Kenntnis zu nehmen und sich darin so "bewegen" zu können wie die Verstorbene. Eine aktive Nutzung muss die Netzwerkbetreiberin den Erben dagegen nicht ermöglichen. Dies stellt der Bundesgerichtshof (BGH) klar.
Das Landgericht (LG) Berlin hatte eine Netzwerkbetreiberin Ende 2015 dazu verurteilt, den Eltern einer verstorbenen Netzwerknutzerin als Erben Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten ihrer Tochter zu gewähren. Nach Bestätigung des Urteils durch den BGH hatte die Netzwerkbetreiberin den Eltern einen USB-Stick mit einer pdf-Datei mit über 14.000 Seiten übermittelt, die eine Kopie der ausgelesenen Daten aus dem von der Verstorbenen geführten Konto enthält.
Die Eltern meinten, hiermit sei die Netzwerkbetreiberin ihrer Pflicht aus dem Urteil von 2015 nicht nachgekommen und zogen erneut vor Gericht – mit Erfolg. Bereits die Auslegung des Tenors des Urteils des LG Berlin von 2015 ergebe, dass den Eltern nicht nur Zugang zu den im Benutzerkonto vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu gewähren, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit einzuräumen sei, vom Benutzerkonto selbst und dessen Inhalt auf dieselbe Art und Weise Kenntnis nehmen zu können, wie es die ursprüngliche Kontoberechtigte konnte, so der BGH.
Der Nutzungsvertrag zwischen der verstorbenen Tochter und der Netzwerkbetreiberin sei mit seinen Rechten und Pflichten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben übergegangen. Letztere seien hierdurch in das Vertragsverhältnis eingetreten und hätten deshalb als Vertragspartner und neue Kontoberechtigte einen Primärleistungsanspruch auf Zugang zu dem Benutzerkonto ihrer Tochter sowie den darin enthaltenen digitalen Inhalten. Den Erben sei aufgrund dessen auf dieselbe Art und Weise Zugang zu dem Benutzerkonto zu gewähren wie zuvor ihrer Tochter.
Die Netzwerkbetreiberin habe diese Verpflichtung nicht erfüllt. Durch die Überlassung des USB-Sticks sei kein vollständiger Zugang zum Benutzerkonto gewährt worden. Die pdf-Datei bilde das Benutzerkonto nicht vollständig ab. Letzteres erfordere nicht nur die Darstellung der Inhalte des Kontos, sondern auch die Eröffnung aller seiner Funktionalitäten – mit Ausnahme derer, die seine aktive Weiternutzung betreffen – und der deutschen Sprache, in der das Benutzerkonto zu Lebzeiten der Erblasserin vertragsgemäß geführt wurde. Diese Voraussetzungen erfülle die übermittelte Datei nicht.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.08.2020, III ZB 30/20