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Elterngeld-Berechnung: Verschiebung des Bemessungszeitraums
Die Verschiebung des Bemessungszeitraums auf Grundlage einer teleologischen Reduktion des § 2b Abs. 3 BEEG kommt auch dann nicht in Betracht, wenn ein Elterngeldberechtigter im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes sowohl Einkommen aus nichtselbständiger als auch aus selbständiger Tätigkeit hat und durch die Verschiebung des Bemessungszeitraums auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum erheblich weniger Elterngeld erhält.
Die Beteiligten stritten über den der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legenden Bemessungszeitraum.
Die Klägerin beantragte im Rahmen des Antrags auf Gewährung von Elterngeld für den 1. bis 8. Lebensmonat, den Bemessungszeitraum ausnahmsweise auf den Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes zu verschieben. Sie habe zwar Mischeinkünfte aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit. Durch die Verschiebung des Bemessungszeitraums auf den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum entstünden ihr aber große finanzielle Nachteile beim Elterngeld. In den letzten zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes habe sie sowohl eine selbständige als auch eine angestellte Tätigkeit begonnen und sei damit auf einen Bruttolohn von ca. 40.000 Euro gekommen, im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum dagegen nur von ca. 20.000 Euro. Sie werde daher aufgrund ihrer Selbständigkeit benachteiligt. Die Beklagte gewährte der Klägerin Elterngeld für den 1. bis 8. Lebensmonat und legte als Bemessungszeitraum den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum zugrunde. § 2b Abs. 3 BEEG sei abschließend und erlaube keine Verschiebung des Bemessungszeitraums. Den Widerspruch wies die Beklagte zurück. Zur Begründung führte sie an, der Gesetzeswortlaut des § 2b Abs. 3 BEEG lasse im Hinblick auf den Bemessungszeitraum kein Ermessen zu und es liege auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, da Unterschiede zwischen Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit die Ungleichbehandlung rechtfertigten. Die Verschiebung des Bemessungszeitraums sei durch das gesetzgeberische Ziel der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt, selbst wenn dies im Einzelfall zu einem erheblich geringeren Elterngeldanspruch führe.
Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne nicht die Verschiebung des Bemessungszeitraums auf den Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 2b Abs. 3 BEEG verlangen. Eine ungeschriebene Ausnahme von der Vorschrift des § 2b Abs. 3 BEEG sei aufgrund von Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte ausgeschlossen. Der Wortlaut des § 2b Abs. 3 S. 1 BEEG „ist" räume der Beklagten keinen Ermessungsspielraum ein. Die Vorschrift gebe der Beklagten eine gebundene Entscheidung vor, den Bemessungszeitraum zu verschieben, wenn der Elterngeldberechtigte wie die Klägerin Mischeinkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit bezogen habe. Die Möglichkeit einer Ausnahme im Härtefall würde die vom Gesetzgeber bezweckte Verwaltungsvereinfachung weitgehend zunichtemachen. Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht gegeben, da die Unterschiede zwischen Einkünften aus selbständiger und aus nichtselbständiger Tätigkeit die vom Gesetzgeber gewählte unterschiedliche Festlegung des Bemessungszeitraums rechtfertigten.
SG Stuttgart, Mitteilung vom 03.08.2020 zum Urteil S 9 EG 2785/19 vom 18.06.2020