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"Einfrieren der Alarmstufe II" für den Einzelhandel: Voraussichtlich rechtswidrig

26.01.2022

Für den Einzelhandel in Baden-Württemberg gilt ab sofort die Alarmstufe nach § 1 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 der Corona-Verordnung (CoronaVO) des Landes. Hintergrund ist ein Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Mannheim, der § 17 Absatz 1 der Corona-Verordnung mit sofortiger Wirkung insoweit außer Vollzug setzt, als die Vorschrift Geltung für die "eingefrorene Alarmstufe II" im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 CoronaVO beansprucht. Denn das "Einfrieren der Alarmstufe II" durch die Corona-Verordnung der Landesregierung sei voraussichtlich rechtswidrig.

Der Antragstellerin wendet sich mit ihrem Eilantrag gegen § 17 Absatz 1 der CoronaVO der Landesregierung in der Fassung vom 11.01.2022. Sie betreibt ein Schreibwarengeschäft im Ortenaukreis und sieht sich in ihrer Berufsfreiheit und dem Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Schreibwarengeschäfte seien nicht weniger wichtig als Blumengeschäfte, die die Landesregierung zur Grundversorgung rechne und die daher keinen 2G-Beschränkungen unterlägen. Das Einfrieren der Alarmstufe II sei mit den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) unvereinbar.

Die Landesregierung (Antragsgegner) ist dem Antrag entgegengetreten. Die Vorschrift über das Einfrieren der Alarmstufe II werde im Anschluss an den Beschluss des VGH vom 20.01.2022 zur Rechtswidrigkeit der eingefrorenen Alarmstufe II für Studierende zeitnah aufgehoben. Es handele sich um eine vorübergehend zur Anwendung kommende Ausnahmeregelung, mit der der Verordnungsgeber auf das aktuelle Infektionsgeschehen und den derzeit nur beschränkten wissenschaftlichen Erkenntnisstand reagiere. Die 2G-Beschränkungen für den Einzelhandel seien rechtmäßig.

Der VGH hat § 17 Absatz 1 CoronaVO insoweit außer Vollzug gesetzt, als die Vorschrift Geltung für die "eingefrorene Alarmstufe II" im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 CoronaVO beansprucht. Das "Einfrieren der Alarmstufe II" sei – wie der VGH bereits für Studierende entschieden habe – voraussichtlich rechtswidrig. Eine Vorschrift, die ausdrücklich "unabhängig" von der Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz weitreichende Zugangsbeschränkungen für nicht-immunisierte Personen normiere, stehe mit den gesetzlichen Vorgaben aus § 28a Absatz 3 Satz 3 IfSG nicht in Einklang.

Erhebliche Grundrechtsbeschränkungen könnten nicht abgekoppelt von der Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz angeordnet werden. Die Beschränkung des Zugangs zum Einzelhandel sei keine Maßnahme des präventiven Infektionsschutzes nach § 28a Absatz 3 Satz 2 IfSG. Der Gesetzgeber sei ausdrücklich davon ausgegangen, dass zu den Maßnahmen des präventiven Infektionsschutzes nach § 28a Absatz 3 Satz 2 IfSG nur "niederschwellige" Maßnahmen gehörten.

Der VGH lehnte den Antrag jedoch insoweit ab, als sich die Antragstellerin gegen die Regelung des § 17 Absatz 1 CoronaVO zur (schwellenwertabhängigen) Alarmstufe im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 CoronaVO und zur (schwellenwertabhängigen) Alarmstufe II im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO wandte. Diese Beschränkungen beruhten voraussichtlich auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage und verletzten die Antragstellerin nicht in ihrer Berufsfreiheit und dem Gleichbehandlungsrecht.

Oberverwaltungsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2022, 1 S 89/22, unanfechtbar

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