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Ein Liter Desinfektionsmittel entwendet: Kündigung rechtens

18.01.2021

Einem bei einem Paketzusteller beschäftigter Arbeitnehmer darf gekündigt werden, wenn er ein Liter Desinfektionsmittel aus dem Betrieb des Arbeitgebers entwendet hat. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf bestätigt.

Der Kläger war seit 2004 bei einem Paketzustellunternehmen, der Beklagten, als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Die Wäsche der Wagen erfolgte in Nachtschicht mit sechs bis sieben Kollegen, wobei der Kläger seinen Wagen in der Nähe des Arbeitsplatzes abstellen konnte. Bei der stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle fand der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle. Der Wert des Desinfektionsmittels betrug zum damaligen Zeitpunkt circa 40 Euro.

Es kam damals bei der Beklagten immer wieder vor, dass Desinfektionsmittel aus den Waschräumen entwendet wurde. Der Personalausschuss des Betriebsrats stimmte der fristlosen Kündigung des Klägers nach Befragung von Zeugen abschließend zu, die die Beklagte sodann aussprach.

Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Er habe das Mittel für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er müsse kein Desinfektionsmittel stehlen, weil seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie über sie ausreichend versorgt sei.

Die Arbeitgeberin hat behauptet, dass der Kläger dem Werkschutz gesagt habe, dass er das Desinfektionsmittel habe mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren. Sie habe mit Aushängen im Sanitärbereich darauf hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.

Das LAG hat die Kündigungsschutzklage, wie bereits das Arbeitsgericht, abgewiesen. Es liege ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Die Einlassungen des Klägers seien nicht glaubhaft. Das LAG gehe davon aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel zugeignet hat, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahe gelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass er das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollte. Denn weder habe er ihnen gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt noch ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen können. Schließlich sei die aufgefundene Flasche nicht angebrochen gewesen.

Auch in Ansehung der langen Beschäftigungszeit hielt das LAG keine vorherige Abmahnung erforderlich. Der Kläger habe in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit habe er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. In Ansehung dieser Umstände habe ihm klar sein müssen, dass er mit der Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdete. Auch die Interessenabwägung fiel laut LAG angesichts dieser Umstände zulasten des Klägers aus.

Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.01.2021, 5 Sa 483/20

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