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E-Zigaretten: Besteuerung in der Diskussion

09.09.2020

Nach dem Willen der Grünen im Bundestag sollten auch tabakfreie sowie nikotinhaltige und nikotinfreie Rauch- und Dampfprodukte wie zum Beispiel Liquids für E-Zigaretten mit einer Steuer jenseits der Umsatzsteuer belegt werden können. Sie haben hierzu einen Antrag (BT-Drs. 19/18978) vorgelegt, der am 07.09.2020 im Finanzausschuss diskutiert wurde.

Dem Antrag zufolge sollte die EU-Tabaksteuerrichtlinie schnellstmöglich zu einer Richtlinie für Rauch- und Dampfprodukte weiterentwickelt werden. Mit der neuen Richtlinie solle sichergestellt werden, so die Grünen, dass auch tabakfreie sowie nikotinhaltige und nikotinfreie Rauch- und Dampfprodukte wie zum Beispiel Liquids für E-Zigaretten oder künftige Rauch- und Dampfproduktentwicklungen durch Schaffung neuer Steuerkategorien mit einer Steuer jenseits der Umsatzsteuer belegt werden könnten. Außerdem sollten in einer Langzeitstudie die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen neuer Tabak- und Rauchprodukte untersucht werden.

Nach Ansicht der Antragsteller sind die neuen Dampfprodukte keinesfalls harmlos. Tabakerhitzer und E-Zigaretten seien nach dem aktuellen Forschungsstand nicht so schädlich wie Zigaretten, trotzdem sei die gesundheitsschädliche und möglicherweise krebserregende Wirkung dieser Produkte bereits festgestellt worden. Zu den Wirkungen von Steuern heißt es, die Tabaksteuererhöhungen der Vergangenheit hätten gezeigt, dass Steueranpassungen besonders bei den preissensiblen Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu den wirksamsten Präventionsinstrumenten gehören würden. Bisher würden die neuartigen Dampfprodukte nicht adäquat besteuert.

Das Aktionsbündnis Nichtrauchen begrüßte in seiner Stellungnahme zwar den Vorstoß der Grünen, wollte aber deren Vorschlag einer differenzierten Besteuerung von herkömmlichen Tabakprodukten und Produkten wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer nicht mittragen. Studien deuteten auf gravierende Gesundheitsfolgen auch bei den neuen Produkten hin, argumentierte Ulrike Helbig-Schuster von der Deutschen Krebshilfe, die dem Aktionsbündnis Nichtrauchen angehört. Unter anderem enthalte der Dampf krebserregendes Formaldhyd, auch Auswirkungen auf das Lungengewebe und die Fruchtbarkeit zeigten sich in Studien.

Der Lungenfacharzt Professor Wulf Pankow ergänzte, dass nach einer amerikanischen Studie die Rauchentwöhnung mit E-Zigaretten nicht erfolgreicher sei als ohne solche Ersatzmittel. Er sei sehr besorgt, dass "nach guten Erfolgen der Reduktion von Tabakgenuss jetzt neue Produkte auf dem Markt sind, die wieder der Lunge Schadstoffe zuführen". Beide Vertreter des Aktionsbündnisses Nichtrauchen plädierten daher dafür, diese Produkte genauso hoch zu besteuern wie Rauchprodukte.

Dagegen unterstützte Professor Ute Mons vom Deutsches Krebsforschungszentrum den differenzierten Ansatz im Antrag der Grünen. Einerseits erzeugten die neuen Produkte Schadstoffe, andererseits wisse man aber, dass deren Mengen bei all diesen Produkten deutlich niedriger seien als beim Rauchen. Deshalb könne man "nach jetzigem Stand davon ausgehen, dass die Gesundheitsgefährdung deutlich geringer ist", sagte Mons. Auch die Weltgesundheitsorganisation und die Weltbank würden eine differenzierte Besteuerung empfehlen.

Tobias Effertz vom Institut für Recht der Wirtschaft der Universität Hamburg nannte "eine deutliche Erhöhung der Steuer auf Tabakerhitzer gesundheitsökonomisch wie finanzpolitisch dringend erforderlich". Der in ihnen verwendete Tabak werde derzeit wie Pfeifentabak besteuert, und zwar mit einem deutlich niedrigeren Steuersatz als Zigaretten. Da bei gleicher Schädlichkeit auch ein gleicher Steuersatz gelten solle, sei die niedrigere Besteuerung von Produkten wie Feinschnitt nicht gerechtfertigt. Gleiches gelte für E-Produkte, da deren Langzeitwirkung noch nicht klar sein. Effertz plädierte auch dafür, nicht auch die neue EU-Richtlinie zu warten, sondern die Besteuerung schon jetzt national zu regeln.

Der Gefäßchirurg Professor Martin Storck vom Städtischen Klinikum Karlsruhe verwies darauf, dass die meisten gefährlichen Stoffe durch die Tabakverbrennung mit hoher Temperatur entstünden. Produkte ohne Verbrennung wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer hätten nachweislich über 90 Prozent weniger Schadstoffe im Aerosol. Eine steuerliche Gleichbehandlung würde dem nicht gerecht, denn "eine deutliche Risikoreduktion ist besser als Rauchen." Mehrere Studien, die vermeintlich ein hohes Risiko der neuen Produkte gezeigt hätten, seien zurückgezogen worden, da sie das vorangegangene Rauchen nicht berücksichtigt hätten. Denn "die Folgen des Rauchens klingen erst zehn Jahre nach dem Aufhören ab", betonte Storck.

Der Verband des eZigarettenhandels betonte in seiner Stellungnahme, E-Zigaretten seien nachweislich ein probates Mittel, um das wesentlich gesundheitsschädlichere Tabakrauchen aufzugeben. 99,7 Prozent der Nutzer von E-Zigaretten in Deutschland seien ehemalige Raucher. Der Verbandsvorsitzende Michal Dobrajc verwies vor dem Ausschuss auf Erfahrungen in anderen Ländern, die zeigten, dass nach der Einführung von Steuern auf E-Zigaretten wieder mehr geraucht wird. So seien in den USA für jedes Fläschchen Flüssigkeit, das weniger verkauft worden sei, sechs Packungen Zigaretten mehr verkauft worden. Dobrajc trat auch der Ansicht entgegen, eine Steuer sei zum Jugendschutz erforderlich. Nach einer vom Bundesgesundheitsministerium finanzierten Studie seien weniger als ein Prozent der Nutzer von E-Zigaretten Jugendliche.

Zum selben Thema sagte Bernd Werse vom Zentrum für Drogenforschung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, E-Zigaretten spielten keine große Rolle in der Jugendkultur. Nach einer von ihm durchgeführten Studie hätte zwar etwa die Hälfte der Jugendlichen diese Produkte ausprobiert, nur ein verschwindend geringer Anteil konsumiere sie aber häufig. Gleichzeitig gehe nach allen Befragungen der Zigarettenkonsum von Jugendlichen zurück. Dafür, dass E-Zigaretten den Weg in den Zigarettenkonsum wiesen, gebe es kaum Hinweise.

Auf einen anderen Aspekt wies Berthold U. Wigger, Professor für Finanzwissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie, hin. Die Besteuerung sollte den Konsumenten Anreize geben, von den schädlichsten zu den am wenigsten schädlichen Produkten zu wechseln, erklärte er. Legal verkaufte Dampfprodukte könne man auf ihre Inhaltsstoffe hin kontrollieren. Auf keinen Fall sollte die Besteuerung Anreize geben, auf unkontrollierte Produkte vom Schwarzmarkt auszuweichen, wie dies in Griechenland geschehen sei.

Auch Professor Wolf-Dieter Heller vom Institut für Tabakforschung wies auf unerwünschte Folgen hoher Steuern hin. So habe Italien eine hohe Steuer auf E-Zigaretten eingeführt, worauf deren Verkauf auf nahezu Null zurückgegangen sei. Nachdem die Steuer abgeschafft worden sei, sei der Verkauf wieder gestiegen. In Deutschland hätten massive Steuererhöhungen auf Zigaretten 2002 und 2005 dazu geführt, dass wesentlich mehr Zigaretten im Ausland und auf dem Schwarzmarkt gekauft wurden.

Deutscher Bundestag, PM vom 07.09.2020

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