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«Dooring»-Unfall: Schaden eines Rennradfahrers dem Grunde nach voll zu ersetzen

06.09.2022

Ein Rennradfahrer erhält Schadenersatz dem Grunde nach zu 100 Prozent für einen so genannten Dooring-Unfall. Dies hat das Landgericht (LG) Köln entschieden.

Der Kläger befand sich mit seinem Rennrad auf einer Ausfahrt, als er an einem Auto vorbeifahren wollte. Der Fahrer des Wagens öffnete die Fahrertür. Der Radfahrer konnte nicht ausweichen und kollidierte mit der Tür, stürzte und zog sich schwere Verletzungen zu. Der Kläger behauptet, er könne in seinem Beruf als Unfallchirurg keine langwierigen kraftaufwendigen Operationen mehr durchführen. Für ihn sei besonders schmerzlich, dass er als Triathlet sein Schwimmtraining nicht mehr durchführen könne. Auch sein hochwertiges Rennrad habe schweren Schaden genommen.

Der Beklagte und dessen Versicherung lehnten eine Regulierung des immateriellen und materiellen Schadens über die bereits anerkannte Haftung von 75 Prozent ab. Den Radfahrer treffe ein Mitverschulden in Höhe von 25 Prozent, weil er nicht weit genug entfernt von dem geparkten Pkw vorbeigefahren sei. Er hätte wahrnehmen können, dass der Beklagte eingeparkt habe und seine Tür habe öffnen wollen.

Das LG hat den beklagten Autofahrer und dessen Versicherung über die bereits anerkannte Haftungsquote von 75 Prozent verpflichtet, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen. Des Weiteren müssen die Beklagten weitere 3.500 Euro Schmerzensgeld und weitere 1.089,29 Euro Schadenersatz für die Beschädigungen an dem Rennrad zahlen.

Nach ständiger Rechtsprechung spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Autofahrer den Unfall verschuldet habe, weil die Kollision mit dem Fahrrad des Klägers im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgt sei. Gemäß § 14 Absatz 1 Straßenverkehrsordnung müsse sich der Autofahrer so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei.

Ein Mitverschulden des Klägers sei demgegenüber nicht anzunehmen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass dem Kläger der Vorwurf eines nicht ausreichenden Seitenabstandes gemacht werden könne.

Wie groß der Abstand im konkreten Fall zu sein habe, sei eine Frage des Einzelfalles. Dabei komme es auf die Verkehrslage, die Geschwindigkeit und die bauliche Situation, insbesondere die Breite der Straße sowie die Art der beteiligten Fahrzeuge an. Auf einer breiteren Straße sei ein größerer Abstand zu wahren. Der Seitenabstand solle in der Regel so bemessen sein, dass ein geringfügiges Öffnen einer Fahrertür noch möglich sei. 34 Zentimeter reichten hierfür nicht aus. 50 Zentimeter könnten schon genügen.

Der Unfallort liege auf der gut ausgebauten Straße mit einer Breite von 5,70 Meter und einem Fahrstreifen je Fahrtrichtung. Beidseitig der Straße seien Parkstreifen angeordnet. Es habe hohes Verkehrsaufkommen geherrscht. Aufgrund der eigenen Angaben des Klägers sei davon auszugehen, dass er mit seinem Rad über 30 km/h schnell gefahren sei, die an der Unfallstelle zulässige Höchstgeschwindigkeit aber nicht überschritten habe.

Das Gericht ging dabei davon aus, dass der Autofahrer den Einparkvorgang erst kurz zuvor abgeschlossen habe und die Fahrertür zunächst nur einen Spalt weit geöffnet gewesen sei. Der Rennradfahrer habe auch nicht einen so großen Seitenabstand zum Fahrzeug einhalten müssen, dass er selbst bei einer vollständigen Öffnung der Fahrertür nicht mit dieser kollidiert wäre.

Dem Rennradfahrer könne auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er mit seinem Rennrad deutlich schneller gefahren sei als der durchschnittliche Radfahrer. Mit einer so groben Unachtsamkeit des Autofahrers habe der Kläger nicht rechnen müssen. Dem Kläger stehe für die erlittenen Verletzungen ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 7.500 Euro zu, auf das die Beklagten bereits 4.000 Euro gezahlt hätten. Zweifel daran, dass die Verletzungen unfallbedingt seien, hätten die Beklagten nicht plausibel dargelegt. Auch im Hinblick auf den Schaden am Rennrad seien die vom Kläger benannten Sachschäden nachvollziehbar.

Allerdings sei dem Kläger ein Abzug im Rahmen Vorteilsausgleichs in Höhe von 50 Prozent anzurechnen, da das Rennrad bereits ein Jahr alt gewesen sei.

Landgericht Köln, Entscheidung vom 02.08.2022, 5 O 372/20, nicht rechtskräftig

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