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Dieselskandal: Leasingraten bei geleastem Fahrzeug nicht zurückzuerstatten

17.09.2021

Wer ein Kfz mit manipuliertem Dieselmotor vor Bekanntwerden des Dieselskandals geleast und sodann gekauft hat, kann die Leasingraten bei Rückgabe des Kfz nicht erstattet verlangen. Denn diese kompensieren den Nutzungsvorteil, den der Leasingnehmer während der Leasingzeit aus dem Fahrzeug gezogen hat, wie der Bundesgerichtshof (BGH) klarstellt.

Der Kläger leaste ab Juni 2009 für vier Jahre von der Volkswagen Leasing GmbH einen neuen Audi Q5 zu Leasingraten von 437 Euro pro Monat. Zudem leistete er eine Leasingsonderzahlung von 5.000 Euro. Im Mai 2013 erwarb er das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 80.000 für 25.680,74 Euro. Bei einem Kilometerstand von 170.000 erlitt es einen Motorschaden und wurde seitdem nicht mehr bewegt. Es ist mit einem manipulierten Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet. Der Kläger verlangt die Erstattung seiner für das Leasing und den Kauf gezahlten Beträge abzüglich einer Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Schadenersatzanspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung zuerkannt, soweit er seine Ansprüche auf den Abschluss des stützt. Hingegen könne die aufgrund des Leasingvertrags geleisteten Zahlungen von insgesamt 25.976 Euro nicht erstattet verlangen. Denn der gegebenenfalls anzurechnende Nutzungsvorteil entspreche der Höhe nach den Leasingzahlungen.

Der BGH hat das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Mit der gegebenen Begründung könnten Ansprüche des Klägers wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten im Sinne von § 31 BGB die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat. Es habe eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu unternehmensinternen Vorgängen angenommen, die auf eine Kenntnis ihrer verfassungsmäßigen Vertreter von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung schließen lassen sollen. Aus dem der Beurteilung des BGH unterliegenden Verfahrensstoff hätten sich indes keine hinreichenden Anhaltspunkte ergebe, die einen solchen Schluss nahelegen. Das Berufungsgericht müsse daher erneut Feststellungen zur Frage einer unmittelbaren deliktischen Haftung der Beklagten treffen.

Die Revision des Klägers, mit der er geltend machte, das Berufungsgericht habe den während der Leasingzeit erlangten Nutzungsvorteil zu hoch bewertet, war dagegen unbegründet. Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Leasingraten bestehe nicht, weil der Wert der während der Leasingzeit erlangten Nutzungsvorteile der Höhe nach den Leasingzahlungen entspreche, lasse – eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach unterstellt – keine Rechtsfehler erkennen. Aus den berufungsgerichtlichen Feststellungen ergaben sich dem BGH zufolge keine Anhaltspunkte, dass bereits bei Abschluss des Leasingvertrags ein späterer Erwerb des Fahrzeugeigentums durch den Kläger vereinbart worden wäre. Jedenfalls vor diesem Hintergrund sei die Annahme, der Kläger habe mit dem Abschluss des Leasingvertrags eine vom Kauf grundverschiedene Investitionsentscheidung getroffen, die es rechtfertige, den anzurechnenden Nutzungsvorteil anders als beim Kauf zu bestimmen, nicht zu beanstanden.

Nach der in der obergerichtlichen Rechtsprechung vorherrschenden Ansicht entspreche im Rahmen der deliktischen Vorteilsausgleichung der Wert der während der Leasingzeit erlangten Nutzungsvorteile eines Kfz der Höhe nach den vertraglich vereinbarten Leasingzahlungen. Dieser Ansicht gebühre der Vorzug vor der Gegenmeinung, die auch beim Leasing die Nutzungsvorteile im Rahmen des Vorteilsausgleichs nach der für den Fahrzeugkauf anerkannten Berechnungsformel (Fahrzeugpreis mal Fahrstrecke geteilt durch Laufleistungserwartung) vornehmen möchte. Ob eine andere Betrachtung dann geboten ist, wenn aufgrund der Vertragsgestaltung von vornherein feststeht, dass der Leasingnehmer das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingzeit übernimmt, konnte laut BGH hier dahinstehen.

Der Käufer eines Kfz erwerbe die Möglichkeit, das Fahrzeug ohne zeitliche Begrenzung über die gesamte Laufleistung – bis zum Eintritt der Gebrauchsuntauglichkeit – zu nutzen. Kaufpreiszahlung und Gesamtnutzung stehen sich "kongruent" und daher anrechenbar gegenüber. Der Leasingnehmer hingegen erwerbe die Möglichkeit, das Fahrzeug über einen konkreten Zeitraum zu bestimmten, mit dem Leasinggeber vereinbarten Bedingungen zu nutzen. Diese besondere Art der Fahrzeugnutzung habe einen eigenen, grundsätzlich zeitraumbezogenen Wert, der den Leasingzahlungen anrechenbar gegenübersteht und für den der vereinbarte Leasingpreis einen tauglichen Anhaltspunkt bildet.

Das entspreche dem Grundsatz, dass der objektive Wert eines herauszugebenden Gebrauchsvorteils regelmäßig anhand des marktüblichen Preises einer vertraglichen Gebrauchsgestattung zu bemessen ist, sofern nicht die Herausgabenorm eine andere Bewertung erfordert, wie es insbesondere bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags der Fall ist. Kann der Leasingnehmer das Fahrzeug – wie hier der Kläger – über die gesamte Leasingzeit ohne wesentliche Einschränkung nutzen, habe er den Vorteil, auf den der Abschluss des Leasingvertrags gerichtet war, in vollem Umfang realisiert. Der Vorteil kompensiere in diesem Fall den gesamten mit den Leasingzahlungen verbundenen finanziellen Nachteil. Dies entspreche der Situation eines Fahrzeugkäufers, der die Laufleistungserwartung des Fahrzeugs ausgeschöpft hat, so der BGH.

Anhaltspunkte dafür, dass der objektive Leasingwert geringer gewesen wäre als der zwischen dem Kläger und der Leasinggeberin vereinbarte Leasingpreis, hätten nicht bestanden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätten die Leasingraten den üblichen Leasinggebühren entsprochen und der Kläger hätte beim Leasing eines gleichwertigen Fahrzeugs entsprechende Zahlungen erbringen müssen. Der Leasingpreis sei für die Vorteilsanrechnung nicht um die darin enthaltenen Finanzierungskosten, den Gewinn des Leasinggebers oder andere Nebenkosten zu kürzen. Solche Kosten lägen in der Natur des Leasingvertrags und flössen in den objektiven Wert der leasingmäßigen Fahrzeugnutzung ein.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.09.2021, VII ZR 192/20

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