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Dieselskandal: Keine Haftung der Bundesrepublik Deutschland in Zusammenhang mit EU-Recht

21.03.2022

Dem Erwerber eines mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs stehen keine Amtshaftungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen einer möglicherweise unzureichenden Umsetzung von Europarecht zu. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Der Kläger erwarb am 12.09.2014 für 35.440 Euro einen gebrauchten Audi A4 mit einem Kilometerstand von 11.303. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, der eine unzulässige Abschaltvorrichtung enthält. Der Kläger wirft der beklagten Bundesrepublik vor, das Kraftfahrbundesamt habe für den hier in Rede stehenden Fahrzeugtyp eine fehlerhafte Typgenehmigung erteilt und Artikel 46 der Richtlinie 46/2007/EG unzureichend umgesetzt sowie kein ausreichendes Sanktionssystem erlassen. Durch diese Pflichtverletzungen sei er zum Abschluss des Kaufvertrags gebracht worden, den er sonst nicht geschlossen hätte.

Das Landgericht hat die auf Feststellung der Schadenersatzpflicht der Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er hilfsweise Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs und Zahlung einer Nutzungsentschädigung begehrt hat, war erfolglos. Jetzt hat der BGH die gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht gerichtete Beschwerde zurückgewiesen.

Insbesondere weise die Sache keine grundsätzliche Bedeutung deshalb auf, weil ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu der Frage gerichtet werden müsste, ob beziehungsweise inwieweit die hier relevanten Normen der Richtlinie 2007/46/EG und der Verordnung 715/2007/EG den Zweck haben, dass die Typgenehmigungsbehörden die Käufer von Fahrzeugen vor Rechtsverstößen der Hersteller zu schützen.

Diese Normen schützten zwar Interessen der Verbraucher, sie bezweckten jedoch nicht den Schutz vor den vom Kläger geltend gemachten Schäden, betont der BGH. Drittschützende Wirkung hätten sie nur im Hinblick auf das Interesse der Erwerber, dass ein erworbenes Fahrzeug zur Nutzung im Straßenverkehr zugelassen wird und diese Nutzung nicht aufgrund mangelnder Übereinstimmung mit dem genehmigten Typ beziehungsweise den für diesen Typ geltenden Rechtsvorschriften untersagt wird. Die Verletzung dieses Interesses mache der Kläger jedoch nicht geltend. Sein Fahrzeug sei zugelassen und die Betriebserlaubnis sei nicht wieder entzogen worden. Vielmehr mache der Kläger als verletztes Schutzgut sein wirtschaftliches Selbstbestimmungsrecht und damit den Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrags geltend. Diese Interessen würden vom Schutzzweck der Richtlinie 2007/46/EG und der Verordnung 715/2007/EG jedoch nicht erfasst.

Der BGH hat sich insoweit den Ausführungen des VI. Zivilsenats in seinen Urteilen vom 25.05.2020 (VI ZR 252/19) und vom 30.07.2020 (VI ZR 5/20), die auch der VII. Zivilsenat teilt (Beschluss vom 01.09.2021, VII ZR 59/21), angeschlossen. Aus dem Umstand, dass die vorzitierten Entscheidungen Ansprüche gegen die Fahrzeughersteller betrafen, während im vorliegenden Fall ein Verstoß des Kraftfahrtbundesamts gegen die vorgenannten Regelwerke geltend gemacht wird, folgt laut BGH nichts Abweichendes. Es spreche nichts dafür, dass diese Pflichten der Genehmigungsbehörden gegenüber dem geschützten Personenkreis einen weitergehenden oder anderen Inhalt hätten als die Pflichten der Hersteller. Im Gegenteil würden die Behörden in erster Linie im öffentlichen Interesse tätig und seien von dem – vom Kläger geltend gemachten – Abschluss eines (unerwünschten) Vertrags sachlich weiter entfernt als der Fahrzeughersteller. Da diese Schlussfolgerungen auf der Hand liegen und zudem durch eine Erst-recht-Wertung gestützt werden, habe es nach Maßgabe der acte-clair-Doktrin keiner Vorlage an den EuGH bedurft.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.02.2022, III ZR 87/21

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