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Dieselskandal: Kapitalanleger-Musterverfahren in Stuttgart gegen Porsche SE zugelassen

17.07.2020

Das beim Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig anhängige Kapitalanleger-Musterverfahren gegen die Volkswagen (VW) AG zur Verletzung von Publizitätspflichten im Zusammenhang mit dem so genannten Dieselskandal steht einem weiteren Kapitalanleger-Musterverfahren beim OLG Stuttgart gegen die Porsche SE nicht entgegen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Die Porsche SE ist als Holdinggesellschaft mit rund 52 Prozent der Stimmrechte an der VW AG beteiligt. Im Jahr 2007 stellte die VW AG eine neue Baureihe von Dieselmotoren unter der Bezeichnung EA 189 vor, die sie ab 2008 baute und auch in den USA vermarktete. Am 22.09.2015 veröffentlichte die VW AG eine Ad-hoc-Meldung, der zufolge nach bisherigen internen Prüfungen weltweit rund elf Millionen Fahrzeuge mit Dieselmotoren des Typs EA 189 Auffälligkeiten bezüglich ihres Stickoxidausstoßes aufwiesen, weshalb sie beabsichtige, im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres rund 6,5 Milliarden Euro ergebniswirksam zurückzustellen. Ebenfalls am 22.09.2015 informierte die Porsche SE in einer Ad-hoc-Meldung hierüber und teilte mit, dass bei ihr infolge der Kapitalbeteiligung an der VW AG ein entsprechender ergebnisbelastender Effekt zu erwarten sei. In der Zeit ab Mitte September 2015 brachen die Aktienkurse der Stamm- und Vorzugsaktien der Volkswagen AG und der Porsche SE ein.

Mit einem Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem OLG Braunschweig soll geklärt werden, ob die VW AG im Zusammenhang mit dem als VW-Abgasskandal bezeichneten Sachverhalt ihre Publizitätspflichten verletzt hat.

Das Landgericht Stuttgart hat dem OLG Stuttgart zur Herbeiführung eines Musterentscheids Feststellungsziele vorgelegt, mit denen die unmittelbare Betroffenheit der Porsche SE von Vorgängen aus dem Bereich der VW AG, hieraus folgende Ad-hoc-Mitteilungspflichten, und Fragen der Wissenszurechnung geklärt werden sollen. Das OLG Stuttgart hat ein weiteres Kapitalanleger-Musterverfahren im Hinblick auf das vor dem OLG Braunschweig anhängige Kapitalanleger-Musterverfahren für unzulässig erklärt. Die Entscheidung in einem weiteren Kapitalanleger-Musterverfahren sei von der Entscheidung des OLG Braunschweig über die Feststellungsziele des dortigen Kapitalanleger-Musterverfahrens abhängig und beide Verfahren beträfen mit den Vorgängen bei der VW AG denselben Lebenssachverhalt. Gegen diese Entscheidung haben sich Kapitalanleger mit ihren vom OLG zugelassenen Rechtsbeschwerden gewandt.

Der BGH hat die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Bestimmung eines Musterklägers an das OLG zurückverwiesen. Ein weiteres Kapitalanleger-Musterverfahren sei wegen der Sperrwirkung des Vorlagebeschlusses gemäß § 7 Satz 1 Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) ausgeschlossen, soweit die Entscheidung über die Feststellungsziele in einem bereits eingeleiteten Musterverfahren die Prozessgerichte in den Verfahren, die im Hinblick auf die Feststellungsziele des weiteren Musterverfahrens nach § 8 Absatz 1 KapMuG auszusetzen wären, bindet. Bei Schadenersatzansprüchen, die auf das Unterlassen einer öffentlichen Kapitalmarktinformation gestützt werden, habe eine Entscheidung über die Feststellungsziele eines bereits eingeleiteten Musterverfahrens nur dann bindende Wirkung für andere Prozesse, wenn diese dieselbe öffentliche Kapitalmarktinformation betreffen.

Das Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem OLG Braunschweig sperre danach das Verfahren vor dem OLG Stuttgart nicht, weil Gegenstand der Feststellungsziele des vor dem OLG Braunschweig eingeleiteten Musterverfahrens Schadenersatzansprüche wegen öffentlicher Kapitalmarktinformationen der VW AG sind, während das Verfahren vor dem OLG Stuttgart öffentliche Kapitalmarktinformationen der Porsche SE betreffen soll. Dass Vorgänge bei der VW AG jedenfalls mittelbar in beiden Verfahren von Bedeutung sind, ist laut BGH nicht entscheidend.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.06.2020, II ZB 10/19

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