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Dieselskandal: Bundesrepublik Deutschland haftet nicht

25.11.2020

Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Diesel-Pkw können keinen Schadenersatz von der Bundesrepublik Deutschland verlangen. Dies hat das Landgericht (LG) Frankfurt am Main entschieden. Deutschland habe europäisches Recht nicht unzureichend in nationales Recht umgesetzt. Auch sei bei der Überwachung der Automobilindustrie nicht "qualifiziert" gegen Kontrollpflichten verstoßen worden. Zudem verleihe das einschlägige EU-Recht einzelnen Diesel-Fahrern keine individuellen, einklagbaren Rechte.

Die klagenden Dieselfahrer hatten Fahrzeuge der Marken VW oder Audi erworben, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen waren. Die Software bewirkte, dass die Fahrzeuge im Prüfstandlauf verbesserte Stickoxidwerte lieferten. Das LG Frankfurt am Main hat die Klagen abgewiesen. Den Dieselfahrern stünden keine Schadenersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland zu.

Deutschland habe die Richtlinie 2007/46/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt. "Die Mitgliedsstaaten haben bei Verstößen gegen die Richtlinie einen Ermessenspielraum, welche Sanktionen sie festlegen“, erklärt das LG. In Deutschland sei nicht nur die Möglichkeit der Rücknahme der Typengenehmigung geschaffen worden. Die Nichtbeachtung der einschlägigen Regelungen des Straßenverkehrsgesetzes könne auch als sanktionsbewehrte Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Schließlich könne das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit manipulierter Software grundsätzlich auch einen Betrug darstellen und strafrechtliche Folgen haben. Die Vermutung der Kläger, härtere Sanktionen wie etwa in den USA hätten eher vor Manipulationen abgeschreckt, sei "mit keinerlei Tatsachen belegt und auch die eingeleiteten Ermittlungsverfahren in den USA streiten jedenfalls nicht für deren Richtigkeit", so das LG.

Ein Schadenersatzanspruch der Dieselfahrer sei auch nicht deswegen gegeben, weil Deutschland die Automobilindustrie unzureichend überwacht habe. Staatshaftungsansprüche kämen nur in Betracht, wenn Deutschland seine Kontrollpflichten in so genannter qualifizierter Weise verletzt habe. "Dass das Kraftfahrzeugbundesamt offenbar den Herstellerangaben zu Laufstandmessungen vertraute, ist nicht so verwerflich, dass darin der für die Staatshaftung erforderliche qualifizierte Verstoß zu sehen ist", befand das LG. Dass der namhafte Hersteller des Fahrzeugs, an dessen Konzernmutter das Land Niedersachen aktienrechtlich erheblich beteiligt ist, Messungen mithilfe der Abschalteinrichtung manipulierte, sei bis Herbst 2015 wohl eher als abwegig anzusehen gewesen.

Schadenersatzansprüche der klagenden Dieselfahrer scheiterten auch daran, dass keine unionsrechtliche Norm den Schutz ihrer individuellen Rechte bezwecke. "Aus den Begründungserwägungen des Unionsgesetzgebers lässt sich vielmehr entnehmen, dass lediglich Allgemeininteressen betroffen sind", so das LG. Individualinteressen, vor allem das Vermögensinteresse von Kraftfahrzeugerwerbern, fänden darin keine Erwähnung. Die Dieselfahrer seien daher gehalten, die Fahrzeughersteller auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen.

Landgericht Frankfurt am Main, Urteile vom 21.10.2020, 2-04 O 425/19, 2-04 O 449/19, 2-04 O 455/19 und 2-04 O 123/20, nicht rechtskräftig

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