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Cum/Cum-Geschäfte: Kein Bereicherungsanspruch gegen Geschäftspartner nach steuerlicher Neubewertung

11.09.2023

Die Parteien hatten so genannte Cum/Cum-Transaktionen getätigt. Die Klägerin vereinnahmte in diesem Zusammenhang Dividenden für von der Beklagten auf sie vor dem Stichtag übertragene Wertpapiere, führte die Kapitalertragssteuer ab und brachte die Beträge im Rahmen ihrer Körperschaftssteuererklärung zur Anrechnung. Für die erhaltenen Dividenden zahlte sie an die Beklagte eine Kompensation. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main bestätigte, dass die Klägerin diese Kompensationszahlungen nicht mit dem Argument zurückverlangen kann, die steuerliche Bewertung habe sich geändert und die Anrechnungsmöglichkeit der auf die Dividenden entrichteten Kapitalertragssteuer sei entfallen.

Die Parteien – im Inland tätige Banken – streiten um bereicherungsrechtliche Ansprüche aus Wertpapierdarlehensgeschäften in den Jahren 2013 bis 2015. Bei den Geschäften übertrug die Klägerin jeweils festverzinsliche Wertpapiere gegen eine Leihgebühr auf die Beklagte. Zur Sicherheit übertrug die Beklagte der Klägerin Aktien inländischer Emittenten ausländischer Herkunft. Die Transaktionen erfolgten nach einem vorab bestimmten Fahrplan. Nach jedem Dividendenstichtag wurden der Klägerin neue Aktien zur Sicherheit übertragen, die nach Vereinnahmung der Dividende zurückübertragen wurden. Die Dividendenstichtage fielen regelmäßig in den jeweiligen Zeitraum der Überlassung der Wertpapierausgleichsaktien. Die Klägerin vereinnahmte aus den übertragenen Aktien die Dividenden. Sie behielt zudem die Kapitalertragssteuer ein, führte sie an das zuständige Finanzamt ab und brachte im Rahmen der Körperschaftssteuererklärung die Beträge zur Anrechnung. Für die entgangenen Dividendeneinnahmen zahlte sie der Beklagten eine Kompensation.

Im Sommer 2017 nahm das Bundesfinanzministerium zur steuerlichen Behandlung von Cum/Cum-Transaktionen Stellung und führte aus, wann von einer missbräuchlichen Umgehung der Dividendenbesteuerung auszugehen ist. Im selben Jahr wurden die Wertpapiergeschäfte der Klägerin einer Betriebsprüfung unterzogen.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von gut 13 Millionen Euro wegen unberechtigter Bereicherung in Anspruch. Sie behauptet, als Ergebnis der Betriebsprüfung sei ihr die Anrechnung einbehaltener Kapitalertragssteuer nachträglich teilweise versagt worden. Damit stellten sich die an die Beklagte geleisteten Kompensationszahlungen als zu hoch dar.

Die Klage hatte weder in erster noch in zweiter Instanz Erfolg.

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rückzahlung der Kompensationszahlungen gegen die Beklagte zu, bestätigte das OLG. Die Änderung der steuerlichen Behandlung führe nicht dazu, dass der rechtliche Grund für die erhaltenen Kompensationszahlungen nachträglich (teilweise) weggefallen sei. Die Zahlungen seien nach Maßgabe der Regelungen des zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrags erfolgt, der keine Rückzahlungspflicht vorsehe. Für eine ergänzende Vertragsauslegung oder Anpassung des Rahmenvertrags sei kein Raum.

Bei verständiger Auslegung des Vertrags komme es für die Kompensationszahlungen auf die Anrechnungs- und Steuervoraussetzungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ausgleichszahlung an. Nachträgliche Änderungen der Finanzverwaltungspraxis wirkten sich nicht aus. Die von den Parteien gewählte Gestaltung sei seinerzeit von der Finanzverwaltung zwar gebilligt worden. Es sei jedoch ein Restrisiko verblieben. Dieses sei von den Parteien erkannt und im Ergebnis der Sphäre der Klägerin zugewiesen worden. Diese habe für ihr Tätigwerden ein Entgelt von zwei Prozent der Bruttodividende erhalten, was dem 40-fachen der sonst bei Wertpapiergeschäften üblichen Gebühr von 0,05 Prozent entsprochen habe. Die Klägerin hätte diese Marge nicht ohne gleichzeitige Übernahme der steuerlichen Risiken des Geschäfts erwarten können.

Ergänzend weist das OLG darauf hin, dass sie auch nicht schlüssig dargelegt habe, dass und in welchem Umfang ihr die Erstattung beziehungsweise Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragssteuer auf die vereinnahmten Dividenden tatsächlich versagt worden sei. Die Beklagte hatte nachträgliche Rückforderungsbescheide der Finanzbehörden zulasten der Klägerin bestritten.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann vor dem Bundesgerichtshof die Zulassung der Revision beantragen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.09.2023, 10 U 75/20, nicht rechtskräftig

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