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Coronabedingte Absage einer Hochzeitsfeier: Brautpaar bekommt Miete nicht zurück

03.03.2022

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem konkreten Fall zulasten eines Brautpaares entschieden, dass diese zur vollständigen Zahlung der Miete für die für die Feier angemieteten Räume verpflichtet bleiben, obwohl die Feier aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte.

Die Kläger mieteten bei der Beklagten Räume für eine am 01.05.2020 geplante Hochzeitsfeier mit circa 70 Personen. Nach mündlichen Vertragsverhandlungen übersandte die Beklagte ihnen eine auf den 05.04.2019 datierte Rechnung über die vereinbarte Miete von 2.600 Euro, die von den Klägern beglichen wurde. Die Hochzeitsfeier konnte nicht durchgeführt werden, weil aufgrund der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung in der ab dem 27.04.2020 gültigen Fassung Veranstaltungen sowie Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagt worden waren. Am 23.03.2020 bot die Beklagte den Klägern unter Angabe von Alternativterminen an, die Hochzeitsfeier zu verschieben. Mit Schreiben vom 24.04.2020 baten die Kläger um Rückzahlung der geleisteten Miete und erklärten gleichzeitig den Rücktritt vom Vertrag.

Das Amtsgericht hat die auf Rückzahlung der vollen Miete gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht (LG) das Urteil abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Kläger 1.300 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die erstinstanzliche Entscheidung wiederhergestellt. Die Anschlussrevision der Kläger hat er zurückgewiesen.

Die Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie hätten nicht zu einer Unmöglichkeit im Sinne der §§ 326 Absatz 1, 275 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geführt, so der BGH. Denn der Beklagten sei es trotz des zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier in Nordrhein-Westfalen geltenden Veranstaltungsverbots und der angeordneten Kontaktbeschränkungen nicht unmöglich gewesen, den Klägern den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren.

Ebenso zutreffend habe das LG eine Minderung des Mietzinses nach § 536 Absatz 1 BGB abgelehnt. Durch die Coronaschutzverordnung sei weder den Klägern die Nutzung der angemieteten Räume noch der Beklagten tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten worden. Das Mietobjekt habe daher trotz der Regelungen in der Coronaschutzverordnung, die die Durchführung der geplanten Hochzeitsfeier untersagte, weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung gestanden. Eine Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, stelle somit keinen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 Absatz 1 BGB dar.

Beides hat der BGH in seiner grundlegenden Entscheidung vom 12.01.2022 (XII ZR 8/21) bereits ausgeführt. Gleiches gelte, wenn aus diesem Grund in Räumlichkeiten, die von Privatpersonen bei einem gewerblichen Anbieter angemietet wurden, eine dort geplante Veranstaltung nicht stattfinden konnte. Damit habe der Klägerin auch kein Recht zum Rücktritt nach § 326 Absatz 5 BGB oder zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags nach § 543 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 BGB zugestanden.

Entgegen der Auffassung des LG stehe den Klägern im vorliegenden Einzelfall auch kein Anspruch aus § 313 Absatz 1 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) auf Anpassung des Mietvertrags dahingehend zu, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Miete vollständig oder teilweise befreit wären. Zwar komme nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.01.2022, XII ZR 8/21) für den Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, ein solcher Anpassungsanspruch grundsätzlich in Betracht. Nach der vorliegenden Entscheidung gelte dies auch für Räume, die zur Durchführung einer Veranstaltung gemietet wurden, wenn die Feier aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte.

Dies bedeute aber nicht, dass der Mieter in diesen Fällen stets eine Anpassung der Miete verlangen kann. Ob ihm ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedürfe einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien (§ 313 Absatz 1 BGB). Die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage führe nur ausnahmsweise zur völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses; in aller Regel sei der Vertrag nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten und lediglich in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form der veränderten Sachlage anzupassen, betont der BGH. Nur wenn dies nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist, könne nach § 313 Absatz 3 BGB der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten oder bei Dauerschuldverhältnissen den Vertrag kündigen.

Im vorliegenden Fall beschränke sich der Anpassungsanspruch der Kläger nach § 313 Absatz 1 BGB auf die von der Beklagten angebotene Verlegung der Hochzeitsfeier, weil bereits dadurch eine interessengerechte Verteilung des Pandemierisikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt werden könne. Die Beklagte habe den Klägern bereits am 23.03.2020 eine Vielzahl von Ausweichterminen, auch für das Jahr 2021, angeboten. Den Klägern wäre zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung eine Verlegung der Hochzeitsfeier auch zumutbar gewesen, meint der BGH. Sie hätten bereits im Dezember 2018 standesamtlich geheiratet und die Hochzeitsfeier habe daher nicht, wie regelmäßig, im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer standesamtlichen oder kirchlichen Trauung gestanden. Die Kläger hätten auch keine anderen Gründe dafür vorgetragen, dass die Feier ausschließlich am 01.05.2020 und nicht auch zu einem späteren Termin hätte stattfinden können. Sollten sie inzwischen endgültig auf eine Hochzeitsfeier verzichten wollen, fiele diese Entscheidung allein in ihren Risikobereich und hätte daher auf die vorzunehmende Vertragsanpassung keine Auswirkung. Denn sie beträfe das allgemeine Verwendungsrisiko eines Mieters und stünde nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit der pandemiebedingten Störung der Geschäftsgrundlage.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.03.2022, XII ZR 36/21

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