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Corona-Pandemie: Terminsverlegung wegen Vorerkrankung des Prozessbevollmächtigten nicht zwingend

19.11.2021

Trotz Vorerkrankung eines nicht geimpften Prozessbeteiligten kann es sich im fortgeschrittenen Stadium der COVID-19-Pandemie als nicht verfahrensfehlerhaft erweisen, wenn das Finanzgericht (FG) den Antrag auf Terminsverlegung ablehnt und ohne den Prozessbeteiligten mündlich verhandelt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin auf die von der COVID-19-Pandemie ausgehenden Gesundheitsgefährdungen, insbesondere bei der Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, sowie das Alter und die Vorerkrankungen ihres Prozessbevollmächtigten hingewiesen und beantragt, den Termin für die mündliche Verhandlung vor dem FG am 19.01.2021 auf die Zeit nach der bereits terminierten Schutzimpfung ihres Prozessbevollmächtigten zu "verschieben".

Dies hat der Vorsitzende des FG-Senats unter Hinweis darauf, dass wegen des umfangreichen gerichtlichen Schutzkonzepts (Einsatz eines Luftreinigungsgeräts, regelmäßiges Lüften, Desinfizieren der Tische, Nutzung von Plexiglasabtrennungen) keine besondere Ansteckungsgefahr bestehe, abgelehnt. Zudem bestehe bei lang andauernder Verhinderung aus gesundheitlichen Gründen die Pflicht, für eine Vertretung zu sorgen.

Laut BFH erscheint vertretbar. Zwar hätten das Alter des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und seine Vorerkrankungen sowie der Umstand, dass die mündliche Verhandlung auf dem "Höhepunkt" der so genannten zweiten Welle der Corona-Pandemie stattgefunden hat, für eine Terminsverlegung gesprochen. Gleiches gelte für die erfolgte Anmeldung des Prozessbevollmächtigten zur Corona-Schutzimpfung.

Allerdings sei auch zu berücksichtigen, dass aufgrund des vom Gericht ergriffenen Schutzkonzepts kein erhöhtes Ansteckungsrisiko in der mündlichen Verhandlung besteht. Eine schwere Vorerkrankung eines Prozessbeteiligten gebiete nicht per se die Terminsaufhebung oder -verlegung. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Termin für die mündliche Verhandlung schon einmal auf Antrag verlegt worden sei.

Zur verbleibenden Ansteckungsgefahr auf der An- und Abreise meint der BFH, es wäre der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten zuzumuten gewesen, auf Alternativen zum öffentlichen Personennahverkehr (Pkw, Taxi) auszuweichen. Dies erscheine – auch angesichts der Entfernung zwischen dem Wohn- beziehungsweise Dienstort des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem FG – zumutbar.

Zudem habe der Vorsitzende zu Recht berücksichtigt, dass die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter bereits mit Hinweisschreiben vom 05.10.2020 sowie in der Ladung vom 27.11.2020 auf die Möglichkeit, für eine Vertretung zu sorgen, hingewiesen worden waren. Mit Blick auf die Regelung in § 53 der Bundesrechtsanwaltsordnung müsse ein Prozessbevollmächtigter, der angesichts der fortdauernden Corona-Pandemie wegen seiner gesundheitlichen Situation davon ausgeht, Termine nicht wahrnehmen zu können, Vorsorge für eine Vertretung treffen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.10.2021, IX B 15/21

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