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Corona: Kein Grund für «Pop-up-Radwege» in Berlin

09.09.2020

Die Berliner Stadtverwaltung war nicht berechtigt, aus Anlass der Corona-Pandemie neue temporäre Radwege zu schaffen. Sie muss nun die entsprechende Beschilderung entfernen. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden und damit einem Eilantrag stattgegeben.

Im zeitlichen Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie hatte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin die Einrichtung von acht "Pop-up-Radfahrstreifen" angeordnet. Zur Begründung gab sie im Wesentlichen an, in der Pandemie sei es erforderlich, die systemrelevante Mobilität zu gewährleisten. Ein Großteil der Berliner verfüge über kein Auto und in öffentlichen Verkehrsmitteln sei der Mindestabstand kaum einzuhalten. Das rechtfertige es, beschleunigt und gegebenenfalls provisorisch Radwege zu schaffen. Diese seien geeignet, die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu verbessern.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit Klage und Eilantrag. Er meint, die Radwege entbehrten einer Rechtsgrundlage. Auch hätte es einer Teileinziehung der Straßen bedurft, die fehle. Zudem dürften Radwege innerhalb geschlossener Ortschaften nur außerhalb von Fahrbahnen errichtet werden. Verkehrsfremde Erwägungen wie die Pandemie könnten zur Begründung nicht herangezogen werden. Eine konkrete Gefahrenlage, die Voraussetzung für Fahrradwege sei, sei durch die Senatsverwaltung nicht dargelegt worden.

Das VG hat dem Eilantrag stattgegeben und den Antragsgegner verpflichtet, die entsprechende Beschilderung zu entfernen. Denn es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Radwegeinrichtung. Zwar könne die Senatsverwaltung befristete Radwege einrichten, ohne dass es einer straßenrechtlichen Teileinziehung bedürfe. Unbedenklich sei ebenso, dass der Radfahrstreifen auf der zuvor durch den Autoverkehr genutzten Fahrbahn liege und die Radwege nur befristet eingerichtet seien.

Allerdings dürften Radwege nur dort angeordnet werden, wo Verkehrssicherheit, Verkehrsbelastung und/oder der Verkehrsablauf ganz konkret auf eine Gefahrenlage hinwiesen und die Anordnung damit zwingend erforderlich sei. Eine solche Gefahrenlage habe der Antragsgegner nicht dargelegt, sondern sei fälschlich davon ausgegangen, er müsse eine Gefahrenlage nicht begründen.

Tatsachen, die auf eine konkrete Gefahr für den Radverkehr auf den betroffenen Straßenabschnitten hindeuteten, ließen sich der Begründung zur Anordnung nicht entnehmen. Insbesondere könne die Pandemie nicht zum Anlass der Anordnungen genommen werden, da es sich dabei nicht um verkehrsbezogene Erwägungen handele. Die weitere Begründung der Senatsverwaltung bleibe ohne konkrete Belege und gehe über allgemeine, an einer Vielzahl von Straßenzügen gültige Situationsbeschreibungen nicht hinaus.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 04.09.2020, VG 11 L 205/20

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