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BFH-Urteil zur Kaufpreisaufteilung bei Grundstücken: Absage für BMF-Arbeitshilfe

08.12.2020

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat der Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums (BMF) zur Kaufpreisaufteilung bei Grundstücken, die seit ihrer Veröffentlichung in der Kritik steht, eine Absage erteilt. Der Steuerrechtsausschuss des Deutschen Steuerberaterverbandes (DStV) nimmt dies zum Anlass für weitere Hinweise im Fall einer Grundstücksbewertung.

Bereits seit April 2014 stelle das BMF die umstrittene Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung) als unverbindliches Hilfsprogramm für die Steuerverwaltung zur Verfügung. Sie soll gleichfalls ein Serviceangebot für die Steuerpflichtigen darstellen. Seitdem stehe die Arbeitshilfe jedoch in der Kritik: Berichten aus der Praxis zufolge liefere sie weder marktkonforme noch überzeugend nachvollziehbare Aufteilungsergebnisse. Dies problematisiert auch der DStV-Steuerrechtsausschuss. Insbesondere die starken Preissteigerungen bei Immobilien in Regionen mit starkem Nachfrageüberhang führten zu einer Erhöhung des Bodenwerts. Durch die Berechnungssystematik des BMF-Tools komme es demnach zu einer Überbewertung des Grund und Bodens gegenüber dem Gebäude. Dies führe regelmäßig zu intensiven Erörterungen mit der Finanzverwaltung – lege sie die Ergebnisse der BMF-Arbeitshilfe der Besteuerung zugrunde.

Die BFH-Richter hätten nun über folgenden Sachverhalt entschieden (Urteil vom 21.07.2020, IX R 26/19): Eine Vermieterin habe eine Eigentumswohnung in einer Großstadt zum Kaufpreis von 110.000 Euro erworben. Davon sollten gemäß Kaufvertrag 20.000 Euro auf das Grundstück entfallen. Der Gebäudeanteil für Abschreibungszwecke habe folglich rund 82 Prozent betragen. Dem sei das Finanzamt nicht gefolgt. Es habe mit der im Internet bereitgestellten BMF-Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung einen Gebäudeanteil von rund 31 Prozent ermittelt. So habe es auch das Finanzgericht (FG) gesehen, das die Arbeitshilfe sowohl als geeignetes Wertermittlungsverfahren als auch geeignete Schätzungshilfe bewertet habe.

Anders hingegen die Auffassung des BFH: Zwar sei die im entschiedenen Fall zur Anwendung gekommene vertragliche Kaufpreisaufteilung wirtschaftlich nicht haltbar und verfehle die realen Wertverhältnisse. Eine ersatzweise Anwendung der BMF-Arbeitshilfe sei jedoch gleichfalls keine geeignete Lösung. Die BMF-Arbeitshilfe gewährleiste die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude im entschiedenen Fall nicht. Vielmehr verenge sie die zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren und lege der Kaufpreisaufteilung unzulässige Parameter zugrunde.

Grundsätzlich empfiehlt der DStV-Steuerrechtsausschuss: Es lohne sich bereits im Kaufvertrag eine nachvollziehbare Regelung zur Aufteilung des Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude zu vereinbaren. Diese sei sodann für die Aufteilung auf Grund und Boden sowie Gebäude zugrunde zu legen und als Grundlage zur Berechnung der AfA auf das Gebäude heranzuziehen (vgl. BFH, Urteil vom 16.09.2015, IX R 12/14). Voraussetzung hierfür sei, dass die vertragliche Einigung der Vertragsparteien über den Grundstücksanteil im Gesamtkaufpreis nicht nur zum Schein getroffen wurde und keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt.

Alternativ könne seitens der Vertragsparteien auch eine Schätzung herangezogen werden. Diese sei – nach Auffassung des BFH (vgl. Urteil vom 10.10.2000, IX R 86/97) – in dem Maße zu beachten, in dem die Grundlagen der Schätzung nachvollziehbar und plausibel sind. In der Literatur gebe es hierzu Verfahrensvorschläge. Eine Berechnungsmethode, das so genannte umgekehrte Ertragswertverfahren, hätten Jacoby/Geiling hierzu erarbeitet (vgl. "Kaufpreisaufteilung bei Grundstücksanschaffungen – Quo vadis? ", DStR 2020, S. 481 ff.).

Für eine Schätzung seitens des Finanzamts müssten hingegen so genannte nennenswerte Zweifel an der vereinbarten Aufteilung vorliegen, wie zum Beispiel Anhaltspunkte für die Vereinbarung eines Scheingeschäfts oder einen Gestaltungsmissbrauch (vgl. BFH, Urteil vom 16.09.2015, IX R 12/14). Das vereinfachte Schätzungsverfahren der Finanzverwaltung habe den BFH aufgrund der systemischen Defizite der Kaufpreisaufteilung nicht überzeugen können. Insbesondere der fehlende Orts- oder Regionalisierungsfaktor bei der Ermittlung des Gebäudewerts stelle einen erheblichen Mangel des BMF-Berechnungstools dar. Diese fehlende Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten führe gerade in Großstädten mit hohen Bodenrichtwerten zu einem überproportionalen Anteil des Grund und Bodens und damit zu mitunter sehr niedrigen Gebäudebewertungen.

Im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung sei der Gebäudeanteil nach Weisung des BFH regelmäßig durch das Gutachten eines unabhängigen vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.

Deutscher Steuerberaterverband e.V., PM vom 03.12.2020

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